Prof. Dr. Michael Worzalla
Rz. 90
Die zwingende Regelung des § 613a Abs. 4 BGB darf nicht durch eine Kündigung und eine nachfolgende Wieder-/Neueinstellung umgangen werden. Dasselbe gilt für einen Aufhebungsvertrag, wenn der Arbeitnehmer mit dem Hinweis auf eine geplante Betriebsveräußerung und bestehende Arbeitsplatzangebote des Betriebserwerbers veranlasst wird, einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer zuzustimmen, um mit dem Betriebserwerber einen neuen Arbeitsvertrag abschließen zu können. Eine Umgehung ist aber zu verneinen, wenn nicht zugleich ein neues Arbeitsverhältnis zum Betriebsübernehmer vereinbart oder zumindest verbindlich in Aussicht gestellt wird. Damit trägt die Rechtsprechung der Vertragsfreiheit und dem Umstand Rechnung, dass der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber widersprechen und damit den Eintritt der Rechtsfolgen des § 613a BGB verhindern kann. Ist die Vereinbarung auf das endgültige Ausscheiden aus dem Betrieb gerichtet, ist der Aufhebungsvertrag wirksam. Das gilt auch, wenn eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (BQG) zwischengeschaltet ist. Diese Rechtsprechung wird kritisch beurteilt, wenn die Betriebsfortführung bereits geplant ist. Das BAG hat seine Auffassung 2006 jedoch bestätigt und darüber hinaus einen sachlichen Grund für die im konkreten Fall vorgenommenen Verschlechterungen in den Arbeitsbedingungen im Abschluss des 3-seitigen Vertrags zur Vermeidung der Insolvenz gesehen. Der Eintritt in die BQG selbst beruht nicht auf einem Betriebsübergang, denn insoweit geht keine wirtschaftliche Einheit über. Eine "verbindliche" Zusage der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses soll nach Auffassung des BAG schon dann anzunehmen sein, wenn sich der Arbeitgeber einem Losverfahren verbindlich unterwirft. Der Arbeitnehmer ist über die Umstände der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zu informieren, damit der Aufhebungsvertrag nicht angefochten werden kann. Veranlasst ein Arbeitgeber vor einem Betriebsübergang die Arbeitnehmer zu Eigenkündigungen, ist die Rechtslage mit derjenigen bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags vergleichbar.
Rz. 91
Ein Aufhebungsvertrag ist bei einer objektiv bezweckten Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses und gleichzeitigem Erhalt des Arbeitsplatzes dann unwirksam, wenn die mit dieser Vertragsgestaltung verbundene Verschlechterung der Arbeitsbedingungen sachlich unberechtigt ist.
Rz. 92
Ähnlich entscheidet das BAG bezüglich Befristungen. Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ist danach sachlich nicht gerechtfertigt, wenn sie darauf abzielt, den durch § 613a BGB bezweckten und vorhandenen Bestandsschutz bei rechtsgeschäftlichen Betriebsübergängen zu vereiteln. Rechtlich nicht ausgeschlossen ist allerdings, dass andere mit der Veräußerung und dem Arbeitgeberwechsel zusammentreffende Umstände einen Befristungsgrund i. S. d. § 14 TzBfG darstellen können.