Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Einkommensermittlung. nichtselbstständige Tätigkeit. Gehaltsnachzahlung. keine Geltung des modifizierten Zuflussprinzips bei Anwendung des § 2 Abs 1 S 3 BEEG idF vom 10.9.2012. Maßgeblichkeit der steuerrechtlichen Grundsätze. zeitliche Zuordnung zu den Leistungsmonaten

 

Orientierungssatz

1. Bei der zeitlichen Zuordnung von Einnahmen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit nach § 2 Abs 1 S 3 BEEG idF vom 10.9.2012 ist nicht mehr das modifizierte Zuflussprinzip maßgebend, sondern die steuerrechtlichen Grundsätze (so auch LSG Chemnitz vom 16.12.2015 - L 7 EG 1/15; Abweichung von LSG Darmstadt vom 22.4.2016 - L 5 EG 7/14).

2. Hiernach sind Gehaltsnachzahlungen den Monaten zuzurechnen, für die sie geleistet wurden (vgl R39b.5 Abs 4 LStR 2011).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.06.2019; Aktenzeichen B 10 EG 1/18 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 1. September 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten weiteres Elterngeld in Höhe von rund 580,00 €. Dabei ist zwischen den Beteiligten streitig, ob Einkommen, welches außerhalb des Bemessungszeitraums erarbeitet wurde und innerhalb des Bemessungszeitraums zugeflossen ist, Grundlage für die Berechnung des Elterngeldes sein kann.

Die 1980 geborene Klägerin beantragte am 26. September 2014, ihr für den 1. bis 11. Lebensmonat ihrer am 25. August 2014 geborenen Tochter E. Elterngeld zu gewähren. Die Klägerin legte dazu Verdienstberechnungen ihrer Arbeitgeberin, einer Bildungseinrichtung, vor. Auf den Inhalt dieser Bescheinigungen (Blatt 8-21 der Verwaltungsakte) wird Bezug genommen. Die Klägerin wies mit ihrem Antrag darauf hin, dass das tatsächlich geflossene Entgelt einer beigefügten Umsatzanfrage zu entnehmen sei. Aus der Umsatzabfrage ergibt sich folgender Zufluss des Arbeitseinkommens:

Wertstellung

Text   

Betrag

30.07.2014

Gehalt 07/14

1.447,03 EUR

27.06.2014

Gehalt 06/14

1.563,96 EUR

28.05.2014

Gehalt 05/14

1.563,96 EUR

29.04.2014

Gehalt 04/14

1.563,96 EUR

28.03.2014

Gehalt 03/14

1.563,96 EUR

28.02.2014

Gehalt 02/14

1.563,96 EUR

31.01.2014

Gehalt 01/14

1.563,96 EUR

30.12.2013

Gehalt 12/13

1.557,03 EUR

02.12.2013

Gehalt 11/13

1.320,03 EUR

11.09.2013

Gehalt 07/13

1.320,03 EUR

07.08.2013

Gehalt 06/13

1.320,30 EUR

Vom 1. August 2013 bis 31. Oktober 2013 hat die Klägerin durch die Bundesagentur für Arbeit Insolvenzgeld erhalten.

Vom 11. Juli 2014 bis 20. Oktober 2014 erhielt die Klägerin Mutterschaftsgeld in Höhe von 13,00 € je Kalendertag.

Mit ihrem Antrag auf Elterngeld erklärte die Klägerin, dass sie auf die Ausklammerung des Monats Juli 2014 verzichte, sofern sich diese Ausklammerung negativ auswirke.

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2014 bewilligte der Beklagte der Klägerin Elterngeld für den 1. Lebensmonat von E. in Höhe von 0,00 €, für den 2. Lebensmonat in Höhe von 110,72 €, für den 3. Lebensmonat in Höhe von 830,26 € und für den 4. bis 11. Lebensmonat in Höhe von 754,78 €. Der Beklagte ging dabei von einem Bemessungszeitraum von Juli 2013 bis Juni 2014 aus. Für Juli und November 2013 berücksichtigte der Beklagte Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 1.900,00 €, für die Monate Dezember 2013 und Januar bis Juni 2014 wurden jeweils 2.350,00 € angerechnet. In den Monaten August bis Oktober 2013 wurden keine Einnahmen berücksichtigt.

Mit ihrem Widerspruch begehrt die Klägerin, dass ein Bemessungszeitraum von August 2013 bis Juli 2014 zugrunde gelegt wird und dass die Gehaltsnachzahlungen in den Monaten berücksichtigt werden, in denen sie tatsächlich zugeflossen sind.

Der Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn dem Thüringer Landesverwaltungsamt zur Entscheidung vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2015 wies dieses den Widerspruch zurück. Bei einer Verschiebung des Bemessungszeitraums würde sich die Klägerin schlechter stellen. Die Gehaltsnachzahlungen könnten nicht berücksichtigt werden, weil Arbeitslohn jeweils in dem Monat zu berücksichtigen sei, für den und nicht in dem die jeweilige Zahlung erfolge.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nordhausen verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Das Sozialgericht Nordhausen hat der Klage mit Urteil vom 1. September 2015 stattgegeben und den Beklagten verurteilt, bei der Berechnung des Elterngeldes insgesamt von einem Gesamtbemessungsentgelt von 22.933,33 € auszugehen.

Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er ist der Ansicht, dass das erstinstanzliche Urteil nicht dem modifizierten Zuflussprinzip entspricht.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 1. September 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf das erstinstanzliche Urteil.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig.

Die Klage richtet sich zutreffend gegen den Beklagten. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 des Gesetze...

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