Rz. 20

Der medizinische Zusatznutzen ist im Verhältnis zur zweckmäßigen Vergleichstherapie festzulegen. Vergleichstherapie ist diejenige Behandlung, die nach dem anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis in einer Indikation zweckmäßig und wirtschaftlich ist (BT-Drs. 17/2413 S. 21). Insofern stellt Abs. 1 Satz 10 klar, dass es sich bei der Vergleichstherapie um eine zweckmäßige Therapie handeln muss. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei zur Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie verlangen, dass der pharmazeutische Unternehmer Informationen zu den Anwendungsgebieten des Arzneimittels übermittelt, für die eine Zulassung beantragt wird (Abs. 1 Satz 10).

 

Rz. 21

Gemäß § 6 Abs. 2 AM-NutzenV muss die zweckmäßige Vergleichstherapie eine nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zweckmäßige Therapie im Anwendungsgebiet sein, vorzugsweise eine Therapie, für die Endpunktstudien vorliegen und die sich in der praktischen Anwendung bewährt hat. Bei mehreren Alternativen ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 die wirtschaftlichere Therapie zu wählen, vorzugsweise eine Therapie, für die ein Festbetrag gilt.

 

Rz. 21a

Das ALBVVG (vgl. Rz. 4l) hat mit der Klarstellung, dass für jedes erstattungsfähige Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen zwingend ein Erstattunsgbetrag festzusetzen ist, § 6 Abs. 2 AM-NutzenV geändert: Abzustellen ist auf die tatsächliche Versorgungssituation, wie sie sich ohne das zu bewertende Arzneimittel darstellen würde. Als zweckmäßige Vergleichstherapie oder als Teil der zweckmäßigen Vergleichstherapie kann der Gemeinsame Bundesausschuss ausnahmsweise die zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln bestimmen, wenn er im Beschluss über die Nutzenbewertung nach § 7 Abs. 4 feststellt, dass diese nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse im zu bewertenden Anwendungsgebiet als Therapiestandard oder als Teil des Therapiestandards in der Versorgungssituation, auf die nach Satz 2 abzustellen ist, gilt und

  1. erstmals mit dem zu bewertenden Arzneimittel ein im Anwendungsgebiet zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht,
  2. die zulassungsüberschreitende Anwendung nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse den im Anwendungsgebiet bislang zugelassenen Arzneimitteln regelhaft vorzuziehen ist oder
  3. die zulassungsüberschreitende Anwendung nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse für relevante Patientengruppen oder Indikationsbereiche den im Anwendungsgebiet bislang zugelassenen Arzneimitteln regelhaft vorzuziehen ist.

Eine zweckmäßige Vergleichstherapie kann auch eine nichtmedikamentöse Therapie, die bestmögliche unterstützende Therapie einschließlich einer symptomatischen oder palliativen Behandlung oder das beobachtende Abwarten sein (Vgl. BT-Drs. 20/7392 S. 57).

 

Rz. 22

§ 5 AM-NutzenV trifft nähere Einzelheiten zum Nachweis des Zusatznutzens. Dabei ist zu differenzieren:

Für erstattungsfähige Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, die pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar mit Festbetragsarzneimitteln sind, ist gemäß § 5 Abs. 2 der medizinische Zusatznutzen als therapeutische Verbesserung entsprechend § 35 Abs. 1b Satz 1 bis 5 nachzuweisen. Der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung erfolgt aufgrund der Fachinformationen und durch Bewertung von klinischen Studien nach den internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin. Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Festbetragsgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen.

Für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, wird gemäß § 5 Abs. 3 ein Zusatznutzen für das jeweilige zugelassene Anwendungsgebiet nachgewiesen im Vergleich zu der zweckmäßigen Vergleichstherapie auf der Grundlage von Unterlagen zum Nutzen des Arzneimittels in den zugelassenen Anwendungsgebieten. Nach § 5 Abs. 5 wird insofern der Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie festgestellt als Verbesserung der Beeinflussung patientenrelevanter Endpunkte wie Verbesserung des Gesundheitszustandes, Verkürzung der Krankheitsdauer, Verlängerung des Überlebens, Verringerung von Nebenwirkungen oder Verbesserung der Lebensqualität. Dabei sind nach Maßgabe von § 5 Abs. 7 das Ausmaß des Zusatznutzens und die therapeutische Bedeutung des Zusatznutzens unter Berücksichtigung des Schweregrades der Erkrankung gegenüber dem Nutzen der zweckmäßigen Vergleichstherapie in sechs unterschiedlichen Stufen von einem erheblichen Zusatznutzen bis zu einem geringeren Nutzen zu bewerten.

 

Rz. 23

Für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, die pharmakologisch-therapeutisch nicht vergleichbar mit Festbetragsarzneimitteln sind, trifft § 5 Abs. 3 Satz 3 AM-NutzenV eine Sonderregelung insofern, als für die erstmalige Bewertung zum Zeitpunkt der Markteinführung für die Bewertung des Arzneimittels grundsätzlich die Zulassungsstudien vorzuleg...

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