Rz. 33

Die Änderung der Norm durch das HHVG (vgl. Rz. 12g) hat mit der Einfügung von Abs. 1a eine Legaldefinition für Verbandmittel gebracht. Die erneute Änderung des Abs. 1a Satz 2 durch das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (vgl. Rz. 12j) hat die Definition des Begriffs Verbandmittel zur Klarstellung konkretisiert. Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen (Satz 1). Die Hauptwirkung bezieht sich auf das Aufsaugen von Körperflüssigkeiten oberflächengeschädigter Körperteile. Inkontinenzartikel fallen dementsprechend nicht unter die Verbandmitteldefinition (BT-Drs. 18/11205 S. 60). Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt insbesondere nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, z. B. indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist (Satz 2, vgl. im Ansatz so schon BT-Drs. 18/10186 S. 25). Nach Satz 3 sind von der Definition auch erfasst Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, ggf. mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Merkmal der Einmaligkeit bezieht sich auf den jeweils einmalig angefertigten Verband, nicht aber auf das dafür genutzte Material. Dieses kann ggf. mehrfach verwendet werden. Erfasst werden zudem auch die Produkte, die zur Fixierung der Verbandmittel dienen.

 

Rz. 34

Der Gesetzgeber sah sich zu dieser Legaldefinition veranlasst, weil in den letzten Jahren zunehmend Produkte zur Förderung der Wundheilung auf den Markt gekommen waren. Die Vielfalt der Produkte und zudem die Zunahme von Produkten mit neuen Ansätzen zur Wundheilung hatten zu einer zunehmenden Rechtsunsicherheit in der Praxis geführt, ob ein Produkt als Verbandmittel i. S. d. Abs. 1 Satz 1 anzusehen war. Mit der Legaldefinition in Abs. 1a soll gewährleistet werden, dass klassische Verbandmittel weiterhin unmittelbar als Verbandmittel Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind. Andere Gegenstände zur Wundbehandlung müssen sich hingegen dem Verfahren beim Gemeinsamen Bundesausschuss unterziehen, in dem für Medizinprodukte Wirksamkeitsnachweise vorliegen müssen, um als Leistung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden zu können.

 

Rz. 34a

Abs. 1a Satz 4 enthält eine Ermächtigung für den Gemeinsamen Bundesausschuss zum Erlass von Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, die das Nähere zur Abgrenzung von Verbandsmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regeln sollen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat mit Beschluss vom 19.4.2018 fristgerecht eine Änderung der Arzneimittelrichtlinie, Abschnitt P und Anlage Va – Verbandmittel und sonstige Produkte zur Wundbehandlung beschlossen. Dieser Beschluss ist durch das Bundesministerium für Gesundheit am 27.6.2018 beanstandet worden, weil unter anderem durch den Gemeinsamen Bundesausschuss durch die Definition der therapeutischen Wirkung der Verbandsmittel der Begriff enger gefasst worden sei. Ferner entspreche die Ausgestaltung der Anlage Va dem vom Gemeinsamen Bundesausschuss entwickelten Abgrenzungskriterium und stehe somit im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben. Die Änderung des § 31 durch das Gesetz für mehr Sicherheit in Arzneimittelversorgung hat der Gesetzgeber zum Anlass genommen, die Fristvorgabe (bis zum 31.8.2020) für den Gemeinsamen Bundesausschuss, bis zu der das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung zu regeln ist, an die Verkündung dieses Gesetzes anzupassen. Die Heilmittelrichtlinie enthält nun in der aktuellen Fassung in § 52 Regelungen zum Umfang des Leistungsanspruchs, in § 53 die Verordnungsvoraussetzungen sowie in § 54 die Abgrenzung zu sonstigen Produkten der Wundbehandlung (https://www.g-ba.de/downloads/62-492-3302/AM-RL-2023-05-12_iK-2023-12-01_AT-27-10-2023-B3.pdf).

 

Rz. 34b

Die Übergangsregelung in Abs. 1a Satz 5 ist durch das GVWG (vgl. Rz. 12q) von 12 auf 36 Monate und nochmals durch das ALBVVG (vgl. Rz. 12r) um weitere 12 Monate auf 48 Monate verlängert worden. Dadurch soll den Herstellern mehr Zeit gegeben werden, die medizinische Notwendigkeit ihrer Produkte nachzuweisen. Gleichzeitig ist der Zeitpunkt, bis zu dem die Übergangsfrist für den Bestandsmarkt gilt, vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des HHVG (vgl. Rz. 12g) am 11.4.2017 auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Regelungen nach Satz 4 und damit dem des Inkrafttretens der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 31 Abs. 1a Satz 4 angepasst worden (BT-Drs. 19/26822 S. 67).

 

Rz. 34c

Eindeutige Verbandsmittel können unmittelbar zulasten der GKV verordnet werden. Sonst...

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