2.1.1 Inhalt und Definition

 

Rz. 14

Nach Abs. 1 haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arznei- und Verbandmitteln, Teststreifen und bestimmten Medizinprodukten im Rahmen der vertragsärztlichen bzw. vertragszahnärztlichen Behandlung. Der krankenversicherungsrechtliche Arzneimittelbegriff knüpft nicht an das Arzneimittelgesetz (AMG) an (BSGE 76 S. 34, 38). Er wird im SGB V auch nicht erläutert. Die Rechtsprechung versteht unter Arzneimittel nur solche Substanzen, deren bestimmungsgemäße Wirkung darin liegt, Krankheitszustände zu heilen, zu bessern, zu lindern oder zu verhüten (BSG, Urteil v. 18.5.1978, 3 RK 11/77 Rz. 17; Urteil v. 9.12.1997, 1 RK 23/95 Rz. 14). Zusätzlich eröffnet das AMG wesentliche Anhaltspunkte für die begriffliche Definition einer Substanz als Arzneimittel. Dies folgt schon daraus, dass notwendige Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der gesetzlichen Krankenversicherung deren Qualität als Arzneimittel i. S. d. Arzneimittelrechts ist. Das Arzneimittelrecht bezweckt gemäß § 1 AMG, im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von Mensch und Tier für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere für die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel zu sorgen. Insoweit verfolgen das SGB V und das AMG denselben Zweck (vgl. BSG, Urteil v. 28.2.2008, B 1 KR 16/07 R – Lorenzos Öl Rz. 15 m. w. N.).

Nach § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

  1. die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
  2. die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder

    1. die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
    2. eine medizinische Diagnose zu erstellen.

Als Arzneimittel gelten unter anderem gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 AMG auch Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Abs. 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Abs. 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen oder tierischen Körper in Berührung gebracht zu werden.

 

Rz. 15

Durch das 2. GKV-NOG ist klargestellt worden, dass sich der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nicht auf solche Arzneimittel erstreckt, die aus Drogerien, Reformhäusern und Supermärkten bezogen werden können. Maßgebend bleibt, ob das Arzneimittel apothekenpflichtig ist. Ferner ist der Anspruch erweitert worden im Hinblick auf die Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen.

Die Aufgabenstellung der gesetzlichen Krankenversicherung ist begrenzt auf gezielte Maßnahmen der Krankheitsbekämpfung. Dem trägt die gesetzliche Konzeption des SGB V, auch teilweise Mittel der Krankenbehandlung innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung der Eigenverantwortung des Versicherten zuzuweisen, Rechnung. Nicht die ökonomische Bedürftigkeit des Betroffenen, sondern die Qualität als Mittel gezielter Krankheitsbekämpfung und die Schwere der Krankheit bestimmen den Umfang des verfassungskonformen gesetzlich geregelten, abgeschlossenen Naturalleistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung. Demgegenüber ist es Aufgabe der Bestimmungen des SGB II und des SGB XII, die Gewährleistung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums zu sichern, soweit es nicht durch den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung abgedeckt ist (BSG, Beschluss v. 5.7.2016, B 1 KR 18/16 B Rz. 7 m. w. N.).

2.1.2 Grundsatz: Arzneimittelrechtliche Zulassung

 

Rz. 16

Da die Voraussetzungen für die Zulassung eines Arzneimittels nach dem AMG den Mindestvoraussetzungen entspricht, die im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung an eine wirtschaftliche Verordnungsweise i. S. v. § 12 Abs. 1, § 70 Abs. 1 Satz 1 gestellt werden (BSG, Urteil v. 8.3.1995 – Edelfosin), besteht ein untrennbarer Zusammenhang zwischen dem SGB V und dem AMG. Zulassungspflichtige Arzneimittel, für die ein Zulassungsverfahren nicht durchgeführt oder denen die Zulassung zum Verkehr förmlich versagt worden ist, dürfen in der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich nicht verordnet werden. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG dürfen Fertigarzneimittel, die Arzneimittel i. S. d. § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 sind, im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sind die Anforderungen des SGB V an Pharmakotherapien mit Medikamenten, die nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts der Zulassung bedürfen, nur erfüllt, wenn sie eine solche Zulassung besitzen. Ohne die erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt ...

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