Entscheidungsstichwort (Thema)

Warnfunktion der eingetretenen Sperrzeit bei Verhängung weiterer Sperrzeiten

 

Orientierungssatz

1. Das Beschäftigungsangebot bei einer Zeitarbeitsfirma ist für einen Arbeitslosen zumutbar. Dabei ist die Dauer der Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen. Im ersten Monat der Arbeitslosigkeit ist die Ablehnung eines Leiharbeitsverhältnisses bei nachgewiesener eigener Arbeitsuche nicht grundlos. Anderes gilt dagegen bei länger bestehender Arbeitslosigkeit. Die Dauer einer erstmals verhängten Sperrzeit wegen einer Arbeitsablehnung ohne wichtigen Grund beträgt drei Wochen.

2. Die Festsetzung einer Sperrzeit von sechs Wochen ist bei Arbeitsablehnung nur im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens nach § 159 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB 3 rechtmäßig. Vor Verdoppelung der Sperrzeit muss wegen der erforderlichen Warnfunktion ein erster Sperrzeitbescheid erlassen worden sein.

3. Die Sanktionierung durch Festlegung eines erhöhten Absenkungsbetrags soll erst greifen, wenn dem Arbeitslosen durch den vorangegangenen Sanktionsbescheid mit einer Minderung des Sanktionsbetrags in der niedrigeren Stufe die Konsequenzen seines Verhaltens vor Augen geführt worden sind.

4. Bei einem Verstoß gegen versicherungsrechtliche Obliegenheiten tritt eine Sperrzeit von drei Wochen, im Wiederholungsfall eine solche von sechs Wochen und bei dritten und folgenden Verstößen grundsätzlich eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein.

 

Tenor

Der Bewilligungsbescheid vom 17.9.2013 sowie der Sperrzeitbescheid vom 17.9.2013 (Vermittlungsvorschlag Immobilienkaufmann - zweites versicherungswidriges Verhalten) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.10.2013 wird dahingehend geändert, dass nur eine dreiwöchige Sperrzeit vom 3.8.2013 bis 23.8.2013 mit einer entsprechenden Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um 21 Tage eintritt und die Erstattungsforderung für die Zeit vom 24.8.2013 bis 31.8.2013 aufgehoben wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Eintritt zweier Sperrzeiten vom 3.8.2013 bis 23.8.2013 (3 Wochen) und vom 3.8.2013 bis 13.9.2013 (6 Wochen) und um die Erstattung des Arbeitslosengeldes (Alg) sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Der 1954 geborene Kläger war vor Eintritt seiner Arbeitslosigkeit am 1.1.2013 u.a. als technischer Mitarbeiter einer Wohnungsgesellschaft für die Instandsetzung und Modernisierung von Wohnraum, als Back Office-Teamassistent und zuletzt in der kaufmännischen und technischen Objektbetreuung tätig. Er erhielt aufgrund des Bewilligungsbescheids der Beklagten vom 8.1.2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 9.1.2013 Alg seit dem 1.1.2013; der Anspruch wurde für 720 Kalendertage bewilligt.

Bei seiner persönlichen Vorsprache am 1.8.2013 unterbreitete die Beklagte dem Kläger 22 Arbeitsangebote, u.a. zwei Vermittlungsvorschläge als Immobilienkaufmann und Bürokaufmann bei der Firma A. Zeitarbeit und Arbeitsvermittlung GmbH (im Folgenden: Firma A.). Beide Stellenangebote bei der Firma A. waren als Vollzeittätigkeit beschrieben mit einem Gehalt "mindestens nach Tarif". Der früheste Eintrittstermin war für beide Tätigkeiten "sofort". Als Voraussetzung wurde für den Vermittlungsvorschlag als Immobilienkaufmann eine entsprechende abgeschlossene Ausbildung gefordert bzw. eine abgeschlossene Ausbildung zum Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Für das Stellenangebot als Bürokaufmann war Voraussetzung eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung sowie erste Berufserfahrung genannt. Beide Vermittlungsvorschläge enthielten auszugsweise die folgende Rechtsfolgenbelehrung:

"Rechtsfolgenbelehrung: ... Wenn Sie ohne wichtigen Grund - die Ihnen angebotene Beschäftigung nicht annehmen oder - nicht antreten oder - das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses durch Ihr Verhalten verhindern (z.B. indem Sie sich nicht vorstellen), tritt eine Sperrzeit ein (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III). Sie dauert längstens 12 Wochen. Die Sperrzeit dauert drei Wochen bei erstmaligem versicherungswidrigen Verhalten (§ 159 Abs. 4 Nr. 1 SGB III), sechs Wochen bei dem zweiten versicherungswidrigen Verhalten (§ 159 Abs. 4 Nr. 2 SGB III). Ein versicherungswidriges Verhalten in diesem Sinne liegt vor, wenn Sie eine Arbeit oder berufliche Eingliederungsmaßnahme nach Ihrer persönlichen Arbeitsuchendmeldung abgelehnt oder eine berufliche Eingliederungsmaßnahme abgebrochen haben. Während der Sperrzeit ruht Ihr Anspruch auf Leistungen (Arbeitslosengeld ...), das heißt, Leistungen werden nicht gezahlt. Ihre Anspruchsdauer vermindert sich um die Tage einer Sperrzeit. Hinweise dazu, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben wird und wann eine Sperrzeit eintritt, enthält das "Merkblatt für Arbeitslose, Ihre Rechte - Ihre Pflichten". Erfüllen Sie eine der oben genannten Voraussetzungen für de...

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