Entscheidungsstichwort (Thema)

Amtshilfeanspruch der Optionskommune. Zugang zu Stellenangeboten und unverschlüsselten Arbeitgeberdaten der Bundesagentur für Arbeit. Sozialdatenschutz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Ersuchen eines zugelassenen kommunalen Trägers, von der Bundesagentur für Arbeit Zugang zu Stellenangeboten und Arbeitgeberdaten der von ihr zu Vermittlungszwecken genutzten Datenbank zu erhalten, ist auf ergänzende Hilfe ausgerichtet und stellt ein Amtshilfeersuchen iS des § 3 Abs 1 SGB 10 dar.

2. Die Weitergabe verschlüsselter Arbeitgeberdaten durch die Bundesagentur für Arbeit an einen zugelassenen kommunalen Träger zu Vermittlungszwecken verstößt nicht gegen den Sozialdatenschutz.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Amtshilfe dadurch zu leisten, dass sie dem Kläger einen unverschlüsselten Zugang zu allen von der Beklagten im Wege der elektronischen Datenverarbeitung erfassten oder Stellenbewerbern zur Verfügung gestellten Stellenangeboten einschließlich der jeweiligen Arbeitgeberangaben in Echtzeit mit der Möglichkeit zur Einspeisung in das entsprechende EDV-Verwaltungsnetz des Klägers zur Verfügung stellt.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Sprungrevision zum Bundessozialgericht wird zugelassen.

4. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Übermittlung von allen von der Beklagten im Wege der elektronischen Datenverarbeitung erfassten oder Stellenbewerbern zur Verfügung gestellten Stellenangeboten einschließlich aller Angaben über den jeweiligen Arbeitgeber und dessen Hinweisen zur Stellenvermittlung.

Der Kläger ist ein hessischer Landkreis, der von der zur Weiterentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende gesetzlich in §§ 6a ff. Sozialgesetzbuch Zweites Buch -SGB II -eingeräumten Option Gebrauch gemacht hat, neben den Leistungen für Unterkunft und Heizung, den Leistungen zur Deckung einmaliger (Sonder-)Bedarfe und den Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1-4 SGB II auch die sonst den Agenturen für Arbeit zugewiesenen Aufgaben in eigener Trägerschaft wahrzunehmen (Optionskommune). In dieser Eigenschaft trägt der Antragsteller die alleinige Verantwortung zur Betreuung von mehr als 10.000 Bedarfsgemeinschaften mit ca. 9.800 erwerbsfähigen Langzeitarbeitslosen. Diese Betreuung schließt auch die Verpflichtung zur Vermittlung der Hilfesuchenden in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse mit ein.

Die Beklagte betreibt unter der Bezeichnung “Virtueller Arbeitsmarkt„ ein Online-Portal, auf das sowohl seitens öffentlich-rechtlicher Verwaltungsträger als auch seitens interessierter Arbeitsuchender und Arbeitgeber über den Internetauftritt der Beklagten “www.arbeits-agentur.de„ frei zugegriffen werden kann. Registrierte Arbeitgeber haben dabei die Möglichkeit, Stellenangebote von ihrem Computer in den Stellenpool einzustellen. Dabei haben die Arbeitgeber auch die Möglichkeit, das Stellenangebot anonym, also ohne Offenlegung, wer das Stellenangebot macht, zu veröffentlichen. Darüber hinaus können Stellenangebote auch auf sonstiger Weise an die Beklagte mit der Bitte um Aufnahme in diesen Stellenpool übermittelt werden, wobei dem betreffenden Arbeitgeber wiederum die Wahlmöglichkeit eingeräumt ist, das Stellenangebot offen, unter Angabe der Arbeitgeberdaten, oder anonymisiert in den Stellenpool einzustellen. Ist ein Stellenangebot anonymisiert in den Stellenpool eingestellt, ist für die Beklagte zwar technisch feststellbar, von welchem registrierten Arbeitgeber das Stellenangebot stammt, die reguläre Bedienung des Systems sieht jedoch einen Rückgriff auf diese Angaben nicht vor.

Darüber hinaus nutzt die Beklagte zur technischen Unterstützung ihrer Beratungs- und Vermittlungsaufgaben interne Systeme der elektronischen Datenverarbeitung. In diesen Systemen werden alle Stellenangebote, für die der Beklagten ein Vermittlungsauftrag erteilt wurde, erfasst. Dabei werden alle Stellen- und Bewerberdaten, die die Beklagte zur Durchführung ihres Vermittlungsauftrages erhält, gespeichert. Zu diesen Daten zählen auch nähere Angaben des Arbeitgebers, die bei der Vermittlung beachtet werden sollen, beispielsweise dass nur eine bestimmte Anzahl von Vermittlungsvorschlägen gemacht werden soll oder dass nur Bewerber aus einem bestimmten Bewerberkreis vorgeschlagen werden sollen. Auf Wunsch des Arbeitgebers stellt die Beklagte die Information, welcher Arbeitgeber hinter einem konkreten Stellenangebot steht, nicht allen ihren Mitarbeitern und den Mitarbeitern von Arbeitsgemeinschaften zur Verfügung, sondern beschränkt den Zugriff auf diese Angabe auf einen Mitarbeiter der für das Stellenangebot zuständigen Agentur für Arbeit und seinen Stellvertreter. Andere Arbeitsvermittler und die Stellenbewerber müssen mit dem zuständigen Mitarbeiter der entsprechenden Agentur für Arbeit Kontakt aufnehmen und dieser entscheidet dann, ob die Bewerberunterlagen eines Stellenbewerbers an den Arbeitgeber weitergeleitet werden oder nicht.

Der Kläger ...

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