Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Pflegeversicherung. Besetzung der Schiedsstelle im Wege der Ersatzvornahme. Bestandskraft des Ersatzvornahmebescheids. Ausschluss der Besetzungsrüge. verfassungsrechtliche Anforderungen an Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 76 Abs 5 SGB 11. Schiedsstellenentscheidung. Verwaltungsakt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Bestellung der Mitglieder der Schiedsstelle im Wege der Ersatzvornahme.

2. Angriffe gegen die mittels Ersatzvornahme vorgenommene Besetzung der Schiedsstelle können nicht nach Bestandskraft des Ersatzvornahmebescheids inzident im Rahmen einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gegen die Entscheidung der Schiedsstelle erhoben werden.

3. Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 76 Abs 5 SGB 11 über die Bestellung der Mitglieder der Schiedsstelle, soweit sie als Vertreter der Pflegekassen und der Träger der Pflegeeinrichtungen auftreten sollen.

 

Orientierungssatz

Bei der Entscheidung der Schiedsstelle handelt es sich um einen Verwaltungsakt iS des § 31 S 1 SGB 10 .

 

Tenor

I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 12. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des “Rahmenvertrages gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI zur vollstationären Pflege für den Freistaat Sachsen in der Fassung der Schiedsstellenentscheidung vom 21.11.2003„.

Mit Schreiben vom 03.05.1999 kündigte die Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen (Arbeiterwohlfahrt, Caritasverband, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonisches Werk, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Zentralwohlfahrtsstelle der Juden) die 1995 und 1996 geschlossenen Rahmenverträge zur ambulanten und vollstationären Pflege sowie zur Tages- und Kurzzeitpflege zum 30.06.1999 (vollstationäre Pflege), zum 31.12.1999 (Kurzzeitpflege und teilstationäre Pflege) und zum 31.12.2000 (ambulante Pflege), da diese den Bedürfnissen der Praxis nur unzureichend gerecht würden. Dies gelte etwa für Abwesenheitsregelungen, den Zugang der Prüfer zu den Pflegeeinrichtungen, für Zusatzleistungen, für personelle und sachliche Mindestanforderungen sowie für die Personalanhaltswerte. Die Verbände kündigten Änderungsvorschläge an und forderten zu Vertragsverhandlungen auf. Nachdem diese nicht zum einvernehmlichen Abschluss des hier allein maßgeblichen Rahmenvertrages zur vollstationären Pflege geführt hatten, wandten sich die Kläger mit Schreiben vom 05.05.2003 an die beklagte Schiedsstelle. Nachdem die Beteiligten bis Ende November 2002 die vorgesehenen Regelungen des Rahmenvertrages weitgehend einvernehmlich verhandelt hatten, war keine Einigung erzielt worden über die medizinische Behandlungspflege, über die Abgrenzung der allgemeinen Pflegeleistungen von den Kosten der Unterkunft und Verpflegung (insbesondere der Zuordnung der Kosten für das Küchenpersonal), über die fachlichen und persönlichen Anforderungen an eine verantwortliche Pflegefachkraft, über den Anteil der Einzelzimmer in der Pflegeeinrichtung, über die Abrechnung bei noch nicht erfolgter Feststellung der (höheren) Pflegestufe, über bestimmte Aspekte der Sicherstellung der Leistungen (insbesondere Ermittelung des Personalbedarfs) und über die abrechnungstechnische Berücksichtigung von Abwesenheitszeiten des Pflegebedürftigen. Nach dem weiteren Schreiben der Kläger vom 17.11.2003 waren Regelungen zur Behandlungspflege nicht mehr streitig. Die beklagte Schiedsstelle wurde jedoch gebeten, auch Regelungen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung festzusetzen. Die Beklagte hat daraufhin durch Schiedsspruch vom 21.11.2003 den Rahmenvertrag (RV) zur vollstationären Pflege für den Freistaat Sachsen festgesetzt. Die streitigen Festsetzungen bezogen sich auf folgende Regelungen:

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§ 7 Abs. 3 RV (Abgrenzung allgemeiner Pflegeleistungen zur Unterkunft und Verpflegung),

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§ 11 a RV (fachliche und persönliche Eignung der verantwortlichen Pflegefachkraft, Anzeige- und Nachweispflichten),

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§ 11 b Abs. 2 RV (Anteil an Einzelzimmern),

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§ 16 Abs. 3 RV (Anforderungen an die Pflegedokumentation),

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§ 17 Abs. 6 RV (Abrechnung vor Feststellung der Pflegebedürftigkeit),

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§ 21 Abs. 3 RV (Anforderungen an die Qualifikation des Personals gemäß § 80 SGB XI),

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§ 21 Abs. 6 RV (Einführung eines Personalbedarfsberechnungssystems),

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§ 21 Abs. 7 RV (übergangsweise Ermittlung des Personalbedarfs),

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§ 27 Abs. 3 RV (Abrechnung bei Abwesenheit des Heimbewohners),

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§ 28 RV (Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeitsprüfungen).

Dagegen hat sich die am 01.03.2004 vor dem Sozialgericht Dresden (SG) erhobene Klage gerichtet. Die Beklagte sei nicht hinreichend demokratisch legitimiert, weil der Grundsatz der formalegalitären Gleichheit verletzt werde. Ferner greife der Schiedsspruch unverhältnismäßig in die Grundrechte der Leistungserbringer ...

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