rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch einer GmbH nach der Datenschutzgrundverordnung auf Auskunft über die bei einer früheren Betriebsprüfung erhobenen personenbezogenen Daten, nicht aber auf Auskunft über die von der Finanzverwaltung selbst „generierten” Daten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine GmbH hat gemäß § 15 Abs. 3 DS-GVO einen Anspruch darauf, dass ihr das für die Betriebsprüfung zuständige Finanzamt eine Kopie der personenbezogenen Daten, die bei einer früheren Betriebsprüfung erhoben worden sind, zur Verfügung stellt. Sie hat aber keinen Anspruch auf die Zurverfügungstellung aller übrigen Daten, die das Finanzamt im Rahmen der früheren Betriebsprüfung anderweitig generiert hat (inkl. der von der Betriebsprüfung durch Schätzung selbst geschaffenen Daten).

2. Das Finanzamt kann den nach Art. 15 DS-GVO im Grundsatz bestehenden Auskunftsanspruch über die personenbezogenen Daten in Anwendung von § 34 Abs. 1 BDSG in Verbindung mit § 29 Abs. 1 Satz 2 BDSG nur dann verweigern, „soweit” schützenswerte Interessen Dritter bestehen und diese in der gebotenen Einzelfallabwägung gegenüber dem Auskunftsanspruch als gewichtiger einzustufen sind. Die für diese Einzelfallabwägung maßgeblichen Tatsachen, die zur Einschränkung des Auskunftsanspruches führen könnten, müssen vom Finanzamt aber vorgetragen werden.

3. Für den Auskunftsanspruch über die personenbezogenen Daten ist unerheblich, ob die Veranlagung bei einem anderen Finanzamt als dem beklagten Finanzamt erfolgt, aus welchem Grund die Steuerpflichtige die Auskunft verlangt und ob die Daten Grundlage für eine Entscheidung in einem Folgeprüfungsverfahren sind (hier: Befangenheitsantrag gegen die auch mit der Folgebetriebsprüfung wieder beauftragte Prüferin).

 

Normenkette

DS-GVO Art. 15 Abs. 1, 3-4, Art. 4 Nrn. 1-2, 7, Art. 23 Abs. 1 lit. i; AO § 2a Abs. 5, § 32a Abs. 3; AEUV Art. 288; BDSG § 29 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 34 Abs. 1

 

Tenor

1. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin unverzüglich eine Kopie aller bei ihm vorliegenden Daten, die dessen Betriebsprüfung für die Veranlagungsjahre 2011 bis 2013 von ihr erhoben hat, zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin ½ und der Beklagte ½.

3. Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über ein Auskunftsrecht nach Art. 15 der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) i.V.m. § 2a Abs. 5 der Abgabenordnung 1977 (AO).

Der Beklagte führte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung betreffend die Veranlagungszeiträume 2011-2013 durch, die mittlerweile abgeschlossen ist.

Nachfolgend ordnete der Beklagte eine Außenprüfung betreffend die anschließenden Veranlagungszeiträume an. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, über den noch nicht entschieden wurde. Die Klägerin beantragte zudem Einsicht in die Akten der vorangegangenen Betriebsprüfung, um ihre Besorgnis der Befangenheit gegenüber der Prüferin zu prüfen. Diesen Antrag auf Akteneinsicht lehnte der Beklagte ab. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, über den noch nicht entschieden wurde. Zudem beantragte sie, ihr Auskunft nach Art. 15 DS-GVO (§ 2a Abs. 5 AO) über alle Daten, die die Betriebsprüfung für die Veranlagungsjahre 2011 bis 2013 von ihr erhoben hat und über alle personenbezogenen Daten, die der Beklagte im Rahmen der Betriebsprüfung anderweitig generiert hat (einschließlich der von der Betriebsprüfung durch Schätzung selbst geschaffenen Daten). Weiterhin beantragte sie, ihr unverzüglich eine Kopie der Betriebsprüfungsakte zu übersenden oder zur Abholung bereitzustellen. Der Beklagte lehnte diese Anträge mit der Begründung ab, der verwendete Begriff der Betriebsprüfungshandakte sei widersprüchlich und undifferenziert, da nicht klar sei, ob die BP-Akte oder die BP-Handakte gemeint sei. Die Unterlagen sowie die generierten Daten seien interne Vorgänge sowie persönliche Überlegungen und Analysen der Betriebsprüferin. Zudem könnten steuerlich bedeutsame Sachverhalte verschleiert werden und die Erteilung der Auskünfte könne Rückschlüsse auf die Ausgestaltung automationsgestützter Risikomanagementsysteme oder geplante Kontroll- und Prüfungsmaßnahmen zulassen und damit die Aufdeckung steuerlich bedeutsamer Sachverhalte wesentlich erschweren.

Die Klägerin bringt vor, sie habe nach Art. 15 DS-GVO i.V.m. § 2a Abs. 5 AO Anspruch auf die hinreichend konkret beantragte Auskunft und die Übersendung der Kopien nach §§ 32a ff. AO. Der Beklagte beschränke sich bei der Ablehnung darauf, den Gesetzestext zu wiederholen. Die Betriebsprüfung sei bereits abgeschlossen, so dass nicht ersichtlich sei, dass steuerlich bedeutsame Sachverhalte verschleiert werden könnten. Persönliche Daten der Prüferin könnten bis auf Name, Dienstbezeichnung ...

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