OFD Nordrhein-Westfalen, 8.12.2014, Kurzinformation ESt Nr. 47/2014

Werden Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber (z.B. ausländische Muttergesellschaft) vorübergehend an ein verbundenes Unternehmen (z.B. inländische Tochtergesellschaft) entsandt, sind für die Frage des Werbungskostenabzugs bzw. der steuerfreien Erstattung von Reisekosten durch den Arbeitgeber zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden:

I. Das mit dem bisherigen Arbeitgeber abgeschlossene Beschäftigungsverhältnis ruht für die Dauer der Entsendung zum verbundenen Unternehmen. Dieses schließt mit dem Arbeitnehmer für die Dauer der Entsendung einen eigenständigen Arbeitsvertrag ab.

Hierzu bitte ich, folgende Auffassung zu vertreten:

 

1. Rechtslage bis einschließlich Kalenderjahr 2013

Mit Urteil vom 10.4.2014 (BStBl 2014 II S. 804) hat der BFH – entgegen der früheren Auffassung der Finanzverwaltung – entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der zunächst für drei Jahre und mit mehrmaliger Verlängerung zweieinhalb weitere Jahre zu einer Tochtergesellschaft ins Ausland entsandt worden ist, dort auch dann keine regelmäßige Arbeitsstätte begründet, wenn er mit dem ausländischen Unternehmen für die Dauer des Entsendungszeitraums einen eigenständigen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hat. Dieses wird damit begründet, dass der Arbeitnehmer aufgrund der Befristung des Auslandseinsatzes in der Entsendevereinbarung und dem Fortbestehen seines – wenn auch ruhenden – inländischen Arbeitsverhältnisses bei der ausländischen Tochtergesellschaft nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend tätig gewesen ist. Die Urteilsgrundsätze sind bis einschließlich Kalenderjahr 2013 allgemein anzuwenden.

Die Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer durch die Tätigkeit beim aufnehmenden Unternehmen entstehen, sind als Reisekosten abzugsfähig (vgl. dazu II. a und b).

 

2. Rechtslage ab Kalenderjahr 2014

Ab dem Kalenderjahr 2014 ist das oben genannte BFH-Urteil vom 10.4.2014 überholt (Rz 21 des ergänzten BMF-Schreibens zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab 1.1.2014 vom 24.10.2014).

Im Gegensatz zur Rechtslage bis 2013 ist ab 2014 gesetzlich geregelt, unter welchen Voraussetzungen die für das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte erforderliche dauerhafte Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung durch den Arbeitgeber bzw. eine dauerhafte Tätigkeit an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung gegeben ist.

Nach § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG ist insbesondere dann davon auszugehen, dass eine vom Arbeitgeber vorgenommene Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung dauerhaft ist, wenn der Arbeitnehmer

  • unbefristet (dazu gehört auch „bis auf Weiteres„),
  • für die Dauer des Dienstverhältnisses oder
  • über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten dort tätig werden soll.

Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer keiner ortsfesten betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet oder ist die vorgenommene Zuordnung nicht eindeutig, ist nach § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG erste Tätigkeitsstätte die ortsfeste betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft

  • typischerweise arbeitstäglich oder
  • je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten Arbeitszeit tätig werden soll.

Wird der entsandte Arbeitnehmer im Rahmen eines eigenständigen Arbeitsvertrages beim aufnehmenden Unternehmen tätig, liegt – auch lohnsteuerlich – ein eigenständiges Dienstverhältnis vor. Im Rahmen dieses Dienstverhältnisses ist nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 9 Abs. 4 EStG auch die erste Tätigkeitsstätte zu bestimmen. Vereinbarungen mit dem entsendenden Unternehmen über eine nur vorübergehende Entsendung sind somit unmaßgeblich. Folglich hat der entsandte Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrages mit dem aufnehmenden Unternehmen als Arbeitgeber eine erste Tätigkeitsstätte, wenn er von diesem einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet worden ist (Rz 21 des ergänzten BMF-Schreibens zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab 1.1.2014 vom 24.10.2014). Liegt keine dauerhafte Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung durch das aufnehmende Unternehmen vor, hat der entsandte Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses mit dem aufnehmenden Unternehmen eine erste Tätigkeitsstätte, wenn die oben genannten quantitativen Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG hinsichtlich einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung erfüllt sind (Rz 23 des ergänzten BMF-Schreibens zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab 1.1.2014 vom 24.10.2014).

Hat der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses mit dem aufnehmenden Unternehmen eine erste Tätigkeitsstätte, können die durch die Tätigkeit für das aufnehmende Unternehmen entstehenden Aufwendungen nur berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung erfüllt sind (R 9.11 LStR).

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