Stellvertreter

Auch beim Empfang einer Kündigungserklärung ist eine Stellvertretung durch Dritte möglich[1]; die Übergabe an einen bevollmächtigten Vertreter führt den Zugang unmittelbar herbei. Auf Arbeitnehmerseite kommt hier vor allem ein eingeschalteter Rechtsanwalt in Betracht, insbesondere wenn dieser bereits eine Prozessvollmacht vorgelegt hat, die üblicherweise auch die Zuständigkeit für den Empfang von Erklärungen umfasst.

Empfangsbote

Im Übrigen wird zwischen sog. Empfangsboten und bloßen Erklärungsboten unterschieden. Wird die Kündigung einem Empfangsboten des Arbeitnehmers (z. B. Familienangehörige, Lebensgefährte, Hausangestellte) ausgehändigt, geht sie dem Arbeitnehmer zu dem Zeitpunkt zu, in dem nach den gewöhnlichen Umständen mit der Weitergabe der Kündigung gerechnet werden kann.[2] Wann das der Fall ist, wird der Arbeitgeber nur schwer abschätzen können. Der Ehegatte gilt als Empfangsbote, selbst wenn die Übergabe außerhalb der ehelichen Wohnung vorgenommen wird, z. B. am Arbeitsplatz des Ehegatten. Es kommt für den Zeitpunkt des Zugangs dann darauf an, wann unter Zugrundelegung gewöhnlicher Übermittlungsverhältnisse die (theoretische) Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht. Das kann auch noch am gleichen Tag der Fall sein.[3] Lehnt ein Familienmitglied die Annahme eines Kündigungsschreibens ab, ist die Kündigung nicht zugegangen, es sei denn, die Annahmeverweigerung wurde von dem zu Kündigenden veranlasst.[4]

Erklärungsbote

Wird das Kündigungsschreiben an Personen ausgehändigt, die weder als Empfangsvertreter noch als Empfangsbote des Arbeitnehmers anzusehen sind (z. B. andere Hausbewohner, Nachbarn), gelten diese Personen als Erklärungsboten des Kündigenden. In diesem Fall kommt es darauf an, ob und wann diese Personen als "verlängerter Arm des Arbeitgebers" die Kündigungserklärung so in den Machtbereich des Arbeitnehmers gebracht haben, dass dieser von der Kündigungserklärung üblicherweise Kenntnis nehmen konnte. Unterlassen sie die Weitergabe der Kündigung, ist diese nicht zugegangen.

 
Praxis-Tipp

Keine Übergabe an Mitbewohner

Da der kündigende Arbeitgeber sich nicht darauf verlassen kann, dass die Person, die die Wohnungstür des Arbeitnehmers öffnet, tatsächlich als Empfangsvertreter oder Empfangsbote zu werten ist, und der Arbeitgeber auch kaum weiß, wann mit der Weitergabe an den Arbeitnehmer gewöhnlich zu rechnen ist, ist in diesem Fall – selbst wenn sich diese "Mitbewohner" als Familienangehörige, Lebensgefährten etc. bezeichnen – von einer Übergabe des Kündigungsschreibens Abstand zu nehmen und stattdessen der Zugang durch Einwurf in den Hausbriefkasten zu bewirken.

[2] BGH, Urteil v. 27.1.1965, VIII ZR 11/63.
[3] BAG, Urteil v. 9.6.2011, 6 AZR 687/09; BAG, Urteil v. 9.6.2001, 2 AZR 687/09.

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