1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 5 EFZG auferlegt erkrankten Arbeitnehmern, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer mitzuteilen. Abs. 1 und 2 unterscheiden danach, ob der Arbeitnehmer im oder außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes erkrankt.

Mit dem In-Kraft-Treten des Entgeltfortzahlungsgesetzes zum 1.6.1994[1] wurde die bis dahin geltende Unterscheidung der Mitteilungs- und Nachweispflichten zwischen Arbeitern und Angestellten aufgehoben. Zuvor waren in § 3 LFZG v. 27.7.1969[2] und § 115 a Abs. 4 und 5 des Arbeitsgesetzbuches der DDR v. 16.6.1977 in der Fassung vom 22.6.1990[3] und des Einigungsvertrags vom 21.8.1990[4] Mitteilungs- und Nachweispflichten der Arbeiter in den alten Bundesländern und für Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern geregelt. Für Angestellte in den alten Bundesländern existierte dagegen keine mit den Arbeitern vergleichbare gesetzliche Verpflichtung. Aus dem Dienstvertrag wurde allerdings als Nebenpflicht die Mitteilungspflicht, wie sie sich heute in § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG wieder findet, abgeleitet (BAG, Urteil v. 30.1.1976, 2 AZR 518/74[5]). Eine Nachweispflicht wurde zwar erwogen[6], jedoch von der Rechtsprechung und der Literatur weitgehend abgelehnt[7].

 

Rz. 2

Der Regierungsentwurf von CDU/CSU und der FDP vom 24.6.1993[8] sah zur Vorbeugung von Missbrauch der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vor, dass eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit ab dem ersten Kalendertag vorzulegen war. Im Rahmen der Beratungen dieses Entwurfs wurde befürchtet, hierdurch einen Anreiz für eine länger als notwendig attestierte Arbeitsunfähigkeit zu schaffen sowie zusätzliche Kosten für die Krankenkassen zu verursachen. Die Bedenken mündeten in der in § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 EFZG Gesetz gewordenen Regelung, wonach der Arbeitgeber gezielt und flexibel auf mögliche Missbrauchsfälle reagieren kann.

[1] BGBl. I, S. 1014.
[2] BGBl. I, S. 946.
[3] GBl. I, S. 371.
[4] BGBl. II, S. 889.
[5] DB 1976, 1067.
[6] Vgl. die Nachweise bei Schmitt, EFZG AAG, 8. Aufl. 2018, § 5, Rz. 4.
[7] MünchArbR, Schulin, 1. Aufl., § 83, Rz. 2; ArbG Hamburg, Urteil v. 23.11.1992, 21 Ca 174/92, NZA 1993, 507.
[8] BT-Drucks. 12/5263 S. 4 und 11.

2 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 3

§ 5 EZFG auferlegt allen Arbeitnehmern i. S. d. § 1 Abs. 2 EFZG (also nicht Heimarbeitern gem. § 1 Abs. 1 EFZG) Mitteilungs- und Nachweispflichten. Die Pflichten aus § 5 EZFG bestehen nur dann nicht, wenn der Arbeitgeber auf deren Einhaltung verzichtet hat. Unerheblich ist, ob der Arbeitnehmer überhaupt einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber seinem Arbeitgeber hat.

 

Rz. 4

Entgeltfortzahlungsansprüche bestehen z. B. dann nicht, wenn der Arbeitnehmer die Wartezeit[1] des § 3 Abs. 3 EFZG noch nicht erfüllt hat oder der 6-Wochen-Zeitraum des § 3 Abs. 1 EFZG[2] abgelaufen ist. Dennoch hat der Arbeitnehmer die Mitteilungs- und Nachweispflichten zu erfüllen[3]. Denn der Arbeitgeber soll in die Lage versetzt werden, möglichst frühzeitig Dispositionen zu treffen, wie er die ausfallende Arbeitskraft anderweitig ersetzt, um die Aufrechterhaltung der betrieblichen Abläufe zu gewährleisten.[4] Hierfür ist es jedoch unerheblich, ob der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat.

 
Hinweis

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat diese Frage bisher nicht endgültig entschieden. Mehrfach hat es allerdings ausgeführt, es spreche viel dafür, dass die Pflicht zur Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen den Arbeitnehmer jedenfalls im ungekündigten Arbeitsverhältnis auch während solcher Zeiten trifft, für die er nach § 3 Abs. 1 EFZG keine Entgeltfortzahlung (mehr) beanspruchen kann (BAG, Urteil v. 21.11.2018, 7 AZR 394/17[5]).

Aus den gleichen Gründen hat auch ein Arbeitnehmer, der seine Arbeitsunfähigkeit schuldhaft herbeigeführt[6] und deshalb ebenfalls keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hat, den Mitteilungs- und Nachweispflichten des § 5 EFZG nachzukommen.

 

Rz. 5

Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer Altersteilzeit vereinbart, unterliegt auch dieser Arbeitnehmer den Mitteilungs- und Nachweispflichten des § 5 EFZG. Das gilt nur dann nicht, wenn der Arbeitnehmer sich im sogenannten "Blockmodell" in der Freistellungsphase befindet. In dieser Phase kann Arbeitsunfähigkeit i. S. d. EFZG nicht (mehr) auftreten, denn der Arbeitnehmer ist wegen der vorgeleisteten Arbeit in der ersten Hälfte des Altersteilzeitverhältnisses und des damit erworbenen Zeitguthabens nicht mehr zur Arbeitsleistung verpflichtet.[7]

 

Rz. 6

Die Mitteilungs- und Nachweispflichten erstrecken sich nur auf die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit. Bei der Teilnahme an einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation ergeben sich spezielle Mitteilungs- und Nachweispflichten aus § 9 Abs. 2 EFZG.

[1] Vgl. hierzu Neumann-Redlin, § 3, Rz. 135 ff.
[2] Vgl. hierzu Neumann-Redlin, § 3, Rz. 107 ff.
[3] Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG AAG, 8. Aufl. 2018, § 5, Rz. 10; Vossen, NZA 1998, 354, 356; ErfK/Reinhard, 20. Aufl. 2020, § 5 EFZG, Rz. 3.
[4] Schmitt, EFZG AAG, 8. Aufl. 2018, § 5, Rz...

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