Dr. Manuel Schütt, Ass. jur. David von Varendorff
Die Neuerungen im Nachhaltigkeitsrecht betreffen auch immer mehr den Bereich HR.
Nachhaltigkeit und HR ist ein Thema mit vielen Facetten. Es geht dabei nicht nur um die soziale Verantwortung von Unternehmen für die eigenen Mitarbeiter. Die HR-Optimierung hat auch Auswirkungen, wie eine nachhaltige Unternehmensentwicklung von Geschäftspartnern und Investoren im Außenverhältnis wahrgenommen wird. In Zeiten von Personalknappheit und demografischem Wandel wird die Beantwortung von Nachhaltigkeitsfragen im HR-Bereich immer wichtiger. Durch die Nachhaltigkeitsberichte ist es nicht nur möglich, dass sich potenzielle Bewerber einen Eindruck über die Arbeitsbedingungen in einem Unternehmen verschaffen. Durch die öffentliche Berichterstattung wird der nachhaltige Umgang mit HR auch immer mehr zu einem Faktor im Wettbewerb um die besten Köpfe ("War of Talents"). Die Darstellung des Ausgleichs zwischen Nachhaltigkeit und HR im Nachhaltigkeitsbericht wird in Zukunft immer mehr zur Visitenkarte des Arbeitgebers von morgen.
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist mit nicht zu unterschätzenden Risiken und einem erheblichen Erfüllungsaufwand für die betroffenen Unternehmen verbunden. Derzeit geht das BMJ nach eigenen Schätzungen nicht nur von einem einmaligen Erfüllungsaufwand i. H. v. 846 Mio. EUR und von einem laufenden Kostenaufwand i. H. v. 1,58 Mrd. EUR aus. In Zukunft drohen bei Verstößen gegen inhaltliche und formale Berichtspflichten hohe Buß- und Ordnungsgelder. Der Rahmen dieser Strafzahlungen liegt in der Regel zwischen 50.000 EUR und 500.000 EUR; die Zahlungen können sich aber bei kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften auf 2 Mio. EUR oder das Zweifache des erlangten Vorteils erhöhen. Unberührt davon bleiben noch höhere Sanktionen nach § 30 OWiG, die Bußgelder i. H. v. 10 Mio. EUR oder 5 % des jährlichen Gesamtumsatzes nach sich ziehen können. Schließlich kann es bei unrichtigen Darstellungen im Lagebericht weiterhin sogar zu Geld- und Freiheitsstrafen kommen.
Es ist nicht nur sinnvoll, dass Geschäftsführung und HR-Abteilungen frühzeitig in die Berichterstattung eingebunden werden, um die Berichterstattung vorbereiten und Strategien und Maßnahmen umsetzen zu können. Wie immer gilt auch bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung der Grundsatz: Es kann nur dasjenige berichtet werden, was tatsächlich umgesetzt worden ist ("ob") und es kann nur dasjenige angegeben werden, was in Übereinstimmung mit den rechtlichen Vorgaben darstellbar ist ("wie"). Unternehmen dürfen also nur solche Ziele und Maßnahmen in ihre Berichte aufnehmen, die wirklich angestrebt und durchgeführt wurden, um sich nicht des Vorwurfs des "Green Washing" auszusetzen. Viele der untenstehenden Punkte sind jedoch nicht schnell und unvermittelt in die Praxis umzusetzen, sondern bedürfen einer sorgfältigen Vorbereitung und Übertragung in den HR-Bereich. In den Prozess der Nachhaltigkeitsberichterstattung sind in Zukunft nicht nur die Unternehmensleitung und die HR-Abteilung, sondern auch die Arbeitnehmervertretungen einzubeziehen. Die Unternehmensleitungen bzw. die vertretungsberechtigten Organe der Kapitalgesellschaften sind nicht nur verpflichtet, Arbeitnehmervertreter auf geeigneter Ebene über den Inhalt des Nachhaltigkeitsberichts zu unterrichten sowie Informationen und Mittel zur Einholung und Überprüfung der Nachhaltigkeitsinformationen mit ihnen zu erörtern. Der zuständige Betriebsrat bestimmt sich nach den Vorschriften des BetrVG. Das Betriebsverfassungsrecht unterscheidet zwischen Betriebsräten auf Betriebs-, Gesamtbetriebsräten auf Unternehmens- und Konzernbetriebsräten auf Konzernebene. Die Zuständigkeit richtet sich nach Größe und Struktur der Betriebsverhältnisse. Konzerne werden in der Regel Konzernbetriebsräte beteiligen müssen. Unternehmen werden in der Regel Betriebs- oder Gesamtkonzernbetriebsräte beteiligen müssen. In Ausnahmefällen können auch europäische Betriebsräte zuständig sein, wenn das betroffene Unternehmen grenzüberschreitend im Europäischen Wirtschaftsraum tätig ist. In jedem Fall ist die Einbindung der Arbeitnehmervertretungen für die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte relevant. Die Stellungnahmen der Arbeitnehmervertreter müssen in Zukunft auch an die zuständigen Prüfungsorgane weitergeleitet werden.
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung erfordert, dass in den Berichten die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern abgebildet werden. Um alle hierfür notwendigen HR-relevanten Daten rechtzeitig zur Verfügung zu stellen, sind Unternehmen nicht nur gut beraten, eine entsprechende Expertise in den HR-Abteilungen aufzubauen. Sie sollten sich auch frühzeitig mit den rechtlichen Anforderungen vertraut machen, die der europäische Gesetzgeber an die Nachhaltigkeitsberichterstattung im HR-Bereich stellt. Denn in Zukunft müssen nicht nur Organe bestimmter Kapitalgesellschaften, die Inlandsemittenten sind, V...