2.1 Rechtsgrundlagen

In allen grenzüberschreitenden und internationalen Arbeitsrechtsbeziehungen spielt die Frage des auf den jeweiligen (Arbeits-)Vertrag anwendbaren Rechts (das sog. Vertragsstatut) eine wichtige Rolle. Dieses Vertragsstatut kann sich ergeben aus

  • zwischenstaatlichen Abkommen (z. B. die multilateralen Übereinkommen der ILO),
  • dem primären und sekundären EU-Recht oder
  • dem jeweiligen Internationalen Privatrecht der einzelnen Staaten.

Wichtige Rechtsgrundlagen für die Beurteilung sind dabei mehrere gesetzliche Regelungen:

  • Rom I-Verordnung[1]: Dabei handelt es sich um eine unionsrechtliche Regelung in Gestalt eines unmittelbar und zwingend im jeweiligen Mitgliedsstaat geltenden Gesetzes. Diese Verordnung enthält die Grundsätze zur Bestimmung des auf ein Vertragsverhältnis anwendbaren Rechts. Es erfasst alle ab dem 17.12.2009 abgeschlossenen Arbeitsverträge.[2]
  • Rom II-Verordnung: Diese Verordnung ergänzt die Rom I-VO im Hinblick auf die außervertraglichen Rechtsbeziehungen. Damit hat diese Regelung kaum Bedeutung für die arbeitsvertragliche Gestaltung eines Mitarbeitereinsatzes im Ausland.
  • Brüssel Ia-Verordnung[3]: Geregelt wird hier die gerichtliche und vollstreckungsrechtliche Zuständigkeit. Die Verordnung gilt für Gerichtsverfahren ab dem 10.1.2015.

Für die Bestimmung des auf einen Arbeitsvertrag anwendbaren Rechts gelten die folgenden Grundregeln:

  • Ohne eine vertragliche Regelung zum anwendbaren Recht, gilt der Grundsatz des Art. 8 Abs. 2 Rom I-VO: es ist das Recht des Staats anwendbar, in welchem der Arbeitnehmer "gewöhnlich seine Arbeit verrichtet".
  • Abweichend dazu ist eine weitgehend freie Wahl des zwischen den Parteien anwendbaren Rechts möglich.
[1] Verordnung (EG) Nr. 593/2008 v. 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht.
[3] Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 v. 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen.

2.2 Rechtswahl

Die Rechtswahl kann ausdrücklich erfolgen; die Wahl des Vertragsstatuts kann im eigentlichen Arbeitsvertrag, aber auch selbständig zeitlich nachfolgend geregelt werden.[1]

 
Praxis-Beispiel

Ausdrückliche Rechtswahl

"Auf das Arbeitsverhältnis ist ausschließlich deutsches Recht anzuwenden."

Möglich ist auch eine konkludente Rechtswahl – dies kann z. B. durch eine Bezugnahme auf bestimmte Gesetze, aber auch auf Kollektivvereinbarungen wie insbesondere Tarifverträge erfolgen.[2]

 
Praxis-Beispiel

Konkludente Rechtswahl

"Es gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 622 BGB."[3]

Die Rechtswahl unterliegt der allgemeinen AGB-Kontrolle, insbesondere ist das Transparenzgebot zu beachten.[4]

 
Wichtig

Rechtswahl treffen!

Schon aus Gründen der Rechtssicherheit sollte ein Auslandseinsatz von einer eindeutigen Regelung zum anwendbaren Recht begleitet werden! Dabei sollte das deutsche Recht gewählt werden, um Konflikte zwischen zwei Rechtsordnungen zu vermeiden – zudem ist das einheimische Recht den Parteien zumeist besser vertraut.

Die freie Rechtswahl gilt jedoch im Interesse eines Schutzes des Arbeitnehmers nicht uneingeschränkt. Durch die Wahl des anzuwendenden Rechts dürfen deshalb keine zwingenden arbeitsrechtlichen Vorschriften der auf das Arbeitsverhältnis objektiv anwendbaren Rechtsordnung umgangen werden. Es handelt sich um sog. "zwingende Eingriffsnormen" des Aufenthaltsstaates.[5] Erforderlich dafür ist, dass die Norm neben dem Individualschutz zumindest auch Gemeinwohlinteressen sichert.[6]

Die objektiv anwendbare Rechtsordnung bestimmt sich nach dem "gewöhnlichen Arbeitsort" des Arbeitnehmers als dem "absoluten Mittelpunkt" der Tätigkeit. Dieser Mittelpunkt liegt dort, wo der Arbeitnehmer – unter Berücksichtigung sämtlicher die Tätigkeit kennzeichnender Aspekte – seine Arbeitsleistung "im Wesentlichen" erbringt.[7] Zeitlich entscheidend ist dabei, dass dort mehr als die Hälfte der Arbeitszeit erbracht wird.[8]

Die getroffene Rechtswahl bleibt jedoch grundsätzlich wirksam, die Eingriffsnorm verdrängt die vertragliche Regelung nur in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich. Anwendbar sind daneben auch arbeitnehmerschützende Vorschriften des gewählten Rechts, die in der abgewählten Rechtsordnung fehlen.

[3] Vgl. BAG, Urteil v. 23.4.1998, 2 AZR 489/97 sowie den Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Rom-I VO.
[4] Vgl. dazu allgemein EuGH, Urteil v. 28.7.2016, C-191/15; insb. zum Transparenzgebot AG Nürnberg, Vorlagebeschluss v. 31.10.2018, 19 C 1084/18.
[5] Vgl. Art. 9 Rom I-VO.

2.3 Objektive Anknüpfung

Ist keine Vereinbarung getroffen, beurteilt sich das anwendbare Recht nach objektiven Kriterien.[1] Dabei gelten für Arbeitsverträge...

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