Leitsatz (amtlich)

1. Zur Beurteilung der Wirksamkeit des Beitritts zur freiwilligen Krankenversicherung sind die Vorschriften des BGB Allgemeiner Teil Abschnitt III über Rechtsgeschäfte (§§ 104-185 BGB) entsprechend heranzuziehen. Die Maßstäbe, die bei der Beurteilung des wirksamen Zustandekommens eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses gelten (vgl BSG vom 29.9.1998 - B 1 KR 10/96 R = SozR 3-2500 § 5 Nr 40) sind nicht anwendbar.

2. Allein aufgrund des Bestehens von Vorerkrankungen lässt sich eine Sittenwidrigkeit des Beitritts nicht begründen. Das Motiv für den Beitritt zu einer Krankenkasse ist unerheblich.

 

Orientierungssatz

Ein Anspruch auf Krankengeld entsteht auch dann, wenn die Erkrankung schon zu einer Zeit aufgetreten ist, in der noch keine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung bestand, der Erkrankte aber später Mitglied einer Krankenkasse wird und Arbeitsunfähigkeit eintritt (vgl BSG vom 5.10.1977 - 3 RK 35/75 = BSGE 45, 11 = SozR 2200 § 183 Nr 11).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 08.02.2006; Aktenzeichen B 1 KR 65/05 B)

 

Tenor

1. Das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 25.02.2004 - S 5 KR 1391/03 - sowie die Bescheide der Beklagten vom 14.06.2000 und 29.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2000 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Krankengeld dem Grunde nach auch über den 16.06.2000 hinaus für längstens 78 Wochen seit 05.06.2000 unter Anrechnung der erhaltenen Sozialhilfeleistungen zu gewähren.

3. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Weitergewährung von Krankengeld.

Der 1961 geborene Kläger hatte im Zeitraum von Februar 1987 bis 01.10.1998 ein Gewerbe „Import und Export von Waren aller Art" und hat seit 02.11.1998 ein Gewerbe „Import- und Export, Handelsvermittlung" angemeldet. Nach seinen Angaben lässt er Waren aller Art in Süd- bzw. Ostasien oder Indonesien auf Kundenwunsch anfertigen. Er hat Qualitätskontrollen vor Ort durchzuführen, hat den Versand zu überwachen sowie die Lagerarbeiten in Deutschland zu übernehmen. Dabei hat er Pakete von bis zu 70 Kilogramm versandfertig zu packen. Seine tägliche Arbeitszeit beträgt ca. 10 bis 12 Stunden.

In den Jahren 1994/1995 hielt er sich im Ausland auf und war nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse. Vom 01.07.1995 bis 31.10.1996 war er freiwilliges Mitglied der AOK Rheinland-Pfalz ohne Anspruch auf Krankengeld. Im Zeitraum vom 01.11.1996 bis 30.04.1997 war er bei der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) mit Anspruch auf Krankengeld freiwillig versichert und in eine seinem angegebenen geschätzten monatlichen Einkommen von 5.626,- DM entsprechende Beitragsklasse eingestuft. Die Zahlung von Krankengeld ab 01.11.1996 lehnte die KKH ab, da Arbeitsunfähigkeit bereits vor Beginn der Mitgliedschaft bestanden habe. Das Sozialgericht (SG) Koblenz (S 5 K 69/97) wies die Klage ab.

Zum 01.05.1997 wurde er freiwilliges Mitglied der Deutschen Angestelltenkrankenkasse (DAK) mit Anspruch auf Krankengeld und gab im Aufnahmeantrag an, seit 01.08.1996 über monatliche Einkünfte aus selbständiger Arbeit von 5.700,- DM zu verfügen. Die DAK stufte ihn in eine entsprechende Beitragsklasse ein. Im Zeitraum vom 01.05.1997 bis 21.05.1998 bezog der Kläger Krankengeld. Da er ab 22.05.1998 keine Beiträge zahlte, endete die Mitgliedschaft zum 15.09.1998. Die hiergegen und auf weitere Zahlung von Krankengeld gerichtete Klage wies das SG Koblenz (S 4 K 266/98) ab. Rückständige Beiträge bestanden nach Auskunft der DAK vom 10.10.2001 nicht.

Vom 01.10.1998 bis 01.11.1998 war der Kläger über seine Ehefrau bei der AOK Rheinland-Pfalz familienversichert.

Mit Schreiben vom 19.10.1998 erklärte der Kläger seinen Beitritt zur Beklagten ab 01.11.1998, wählte eine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 15. Tag der Arbeitsunfähigkeit und bekundete, über ein voraussichtliches monatliches Einkommen aus selbständiger Tätigkeit von brutto 5.700,- DM zu verfügen. Von der Beklagten erhielt er ein Begrüßungsschreiben vom 20.10.1998, in welchem die monatliche Beitragshöhe von 917,70 DM mitgeteilt wurde. Es erfolgte eine Einstufung in die Beitragsklasse 190 gemäß der vom Kläger angegebenen Einkommenshöhe. Die Beiträge für November 1998 wurden am 07.01.2000 gezahlt.

Seit 03.11.1998 war der Kläger aufgrund von verschiedenen Krankheiten arbeitsunfähig und die Beklagte zahlte Krankengeld vom 17.11.1998 bis 12.05.2000 unter Zugrundelegung eines Regelentgelts von 5.700,- DM.

Am 22.05.2000 wurde er von Dr. P aufgrund eines Harnwegsinfekts arbeitsunfähig geschrieben mit Folgebescheinigungen u. a. durch die Ärzte Dres. S , R, G und Si. Die Beklagte zahlte Krankengeld ab 05.06.2000 unter Zugrundelegung eines Regelentgelts von 5.700,- DM und veranlasste Begutachtungen vom 06.06.2000 und 13.06.2000 durch die Ärzte Sa und Dr. H vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Mit Schreiben vom 14.06.2000 teilte d...

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