Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten. Begriff. Notwendigkeit iS des § 4 Abs 1 SGB 9

 

Orientierungssatz

1. Zum Begriff der "Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" iS des § 55 Abs 2 Nr 6 SGB 9.

2. Leistungen nach § 55 Abs 2 Nr 6 SGB 9 können nur dann iS von § 4 Abs 1 SGB 9 notwendig sein, wenn bei dem behinderten Menschen ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht.

3. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs 2 Nr 6 SGB 9 nicht erforderlich iS von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht.

4. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs 3 SGB 12 zu berücksichtigen ist, sichergestellt wird.

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.11.2012 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene zu 1) gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbracht hat.

1. Die Beigeladene zu 1) ist eine gemeinnützige GmbH und bietet unter der Firma "T - Betreutes Wohnen" Betreuungsleistungen an. Sie beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, vornehmlich Sozialpädagogen.

Sie schloss am 26.01.2009 bzw. 02.02.2009 mit Wirkung zum 01.01.2009 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis u.a. der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen.

Darüber hinaus schloss die Beigeladene zu 1) zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der bis zum 30.06.2012 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Nach der vom 01.07.2012 bis zum 28.02.2014 gültigen Fassung der Vergütungsvereinbarung sollte die Vergütung durch einen Stundensatz von 51,50 Euro, ab dem 01.04.2013 in Höhe von 52,30 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen. Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarungen aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 5 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Vergütung...

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