Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzgeldanspruch. befriedigter Arbeitsentgeltanspruch. Insolvenzanfechtung. Bestehen eines vollstreckbaren titulierten Rückgewähranspruchs des Insolvenzverwalters. tatsächliche Rückzahlung. Antragstellung. Nachfrist. Wegfall des Hinderungsgrundes. Aufforderungsschreiben des Insolvenzverwalters

 

Leitsatz (amtlich)

1. Durch Insolvenzgeld sind nur solche Ansprüche auszugleichen, die noch nicht befriedigt worden sind.

2. Hat der Insolvenzverwalter die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung in der „kritischen Zeit“ erfolgte Zahlung des Arbeitsentgelts als inkongruente Befriedigungshandlung nach Maßgabe der §§ 129,131 Abs 1 Nr 1 InsO erfolgreich angefochten, besteht ein Anspruch auf Insolvenzgeld nicht, bis eine Rückgewähr tatsächlich erfolgt ist. Das bloße Bestehen eines Rückgewähranspruchs beseitigt die Erfüllungswirkung gezahlten Arbeitsentgelts nicht.

 

Orientierungssatz

Für den Zeitpunkt des Wegfalls des Hinderungsgrundes und den Beginn der Nachfrist gem § 324 Abs 3 S 2 SGB 3 ist das Aufforderungsschreiben des Insolvenzverwalters bezüglich der Rückzahlung des angefochtenen Arbeitsentgelts maßgebend.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 23.01.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Insolvenzgeld streitig.

Die am 00.00.1961 geborene Klägerin war bei Herrn N (Arbeitgeber) als Montagehelferin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde arbeitgeberseitig zum 30.09.2010 gekündigt, woraufhin die Klägerin Kündigungsschutzklage erhob. Im Rahmen dieses Rechtsstreits bei dem Arbeitsgericht I (2 Ca 1208/10) einigte sich die Klägerin mit ihrem Arbeitgeber auf der Grundlage eines gerichtlichen Vergleichsvorschlags vom 26.11.2010 u.a. auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2010, die Zahlung eines Entgeltes von 1.950,00 EUR brutto sowie eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes in Höhe von 300,00 EUR (s. Beschluss des Arbeitsgerichts I vom 08.12.2010).

Nachdem keine Zahlung des Arbeitgebers auf die im Vergleich festgelegte Summe an die Klägerin erfolgte, betrieb diese die Zwangsvollstreckung. Am 04.05.2011 erfolgte sodann die Zahlung von 2.387,94 EUR zu Gunsten der Klägerin durch den Arbeitgeber an den Bevollmächtigten der Klägerin. In Höhe von 104,42 EUR erfolgte unmittelbar am 06.05.2011 eine Rückerstattung an den Arbeitgeber.

Mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 13.09.2011 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des früheren Arbeitgebers der Klägerin eröffnet und Rechtsanwalt X als Insolvenzverwalter bestellt (Az.: 43 IN 00/11). Der entsprechende Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde durch den Arbeitgeber am 11.05.2011 gestellt.

Mit an die Klägerin gerichtetem Schreiben vom 23.11.2011 focht der Insolvenzverwalter die im Rahmen der Zwangsvollstreckung am 04.05.2011 erwirkte Zahlung an die Klägerin nach §§ 129, 131 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung - (InsO) wegen inkongruenter Befriedigungshandlung an und forderte Erstattung von insgesamt 2.283,52 EUR bis zum 09.12.2011. Danach sei er gehalten, Anfechtungsklage zu erheben. In dem o.a. Schreiben heißt es weiter, dass infolge der Anfechtung die ursprüngliche Forderung wieder auflebe und als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet werden könne. In Höhe von 182,92 EUR für Vollstreckungskosten erfolgte sodann eine Erstattung durch den Bevollmächtigten der Klägerin an die Masse.

Am 30.07.2012 erhob der Insolvenzverwalter vor dem Arbeitsgericht I Klage auf Zahlung der noch offenen Forderung in Höhe von 2.100,60 EUR gegen die Klägerin (Az.: 2 Ca 880/112) und begründete dies mit der erfolgten Anfechtung wegen inkongruenter Befriedigungshandlung. In einem hierauf anberaumten Gütetermin vom 17.08.2012 wies der Vorsitzende die Klägerin auf die Möglichkeit einer Beantragung von Insolvenzgeld bei der Beklagten hin.

Am 04.09.2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Insolvenzgeld.

Mit Bescheid vom 12.10.2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da kein Anspruch auf Insolvenzgeld gegeben sei. Zur Begründung führte sie aus, dass Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die durch eine Rechtshandlung erworben worden seien, die der Insolvenzverwalter habe anfechten können, keinen Insolvenzgeldanspruch begründeten.

Im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 07.11.2012 einigte sich die Klägerin mit dem Insolvenzverwalter auf folgenden Vergleich:

1. "Aktuell ist die Beklagte [Anm.: Klägerin dieses Verfahrens] vor dem Hintergrund des Arbeitslosengeldbezuges und ihrer sonstigen wirtschaftlichen Situation nicht leistungsfähig. Die Beklagte hat darüber hinaus vor ca. zwei Jahren eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 18.10.2012 ist der Klägerseite bekannt; die Beklagtenseite wird der Klägerseite noch eine entsprechende Kopie zukommen lassen.

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