Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe des Arbeitslosengeldes. fiktive Bemessung. fehlender Arbeitsentgeltanspruch von 150 Tagen im erweiterten Bemessungsrahmen. keine Anwendung des Mindestbemessungsentgelts des § 131 Abs 4 SGB 3 bei ruhendem Arbeitslosengeldanspruch. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Arbeitslosengeld ist gem § 132 SGB 3 fiktiv zu bemessen, wenn im auf 2 Jahre erweiterten Bemessungsrahmen ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht festgestellt werden kann. Dieser fiktiven Bemessung steht die Vorschrift des § 131 Abs 4 SGB 3 über das Mindestbemessungsentgelt nach Vorbezug von Arbeitslosengeld nicht entgegen, wenn in den letzten 2 Jahren Arbeitslosengeld wegen des Ruhens des Anspruchs gem § 143a SGB 3 tatsächlich nicht bezogen bzw nicht ausgezahlt wurde.

2. Der Bezug eines Gründungszuschusses nach § 57 SGB 3 kann dem Bezug von Arbeitslosengeld iS des § 131 Abs 4 SGB 3 nicht gleichgestellt werden.

3. Eine Verletzung des Art 3 GG oder Art 14 GG liegt nicht vor.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.03.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des dem Kläger ab 03.10.2008 zustehenden Arbeitslosengeldes nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III).

Der 1958 geborene Kläger war seit 01.04.1998 bei der Fa. I GmbH als Aufzugmonteur beschäftigt. Im Zeitraum 16.09.2006 bis 30.09.2007 war er arbeitsunfähig erkrankt und bezog vom 30.10.2006 bis 09.07.2007 sowie vom 01.08.2007 bis 30.09.2007 Krankengeld von der Knappschaft als seiner gesetzlichen Krankenkasse. Am 19.09.2007 unterschrieb er einen Aufhebungsvertrag zum 30.09.2007, schied zu diesem Zeitpunkt aus der Firma seiner Arbeitgeberin aus und erhielt eine Abfindung in Höhe von 5.500,00 EUR.

Im Anschluss meldete sich am 20.09.2007 zum 01.10.2007 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld.

Die Beklagte bewilligte ihm mit Bescheid vom 10.10.2007 zunächst Arbeitslosengeld ab dem 01.10.2007 für eine Anspruchsdauer von 360 Tagen in Höhe von 42,01 EUR täglich, setzte jedoch die Leistungen für die Zeit vom 01.10.2007 bis 24.10.2007 gemäß § 143a SGB III wegen des Ruhens bei Entlassungsentschädigung auf "0,00 EUR" fest. Mit Bescheid vom 11.10.2007 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung gegenüber dem Kläger sodann jedoch für die Zeit ab 02.10.2007 wegen "eigener Abmeldung" des Klägers "aus dem Leistungsbezug" wieder auf.

Im Zeitraum vom 02.10.2007 bis 02.10.2008 ging der Kläger einer selbständigen Tätigkeit als Finanzberater mit einer Wochenarbeitszeit von mehr als 15 Stunden nach. Ab 02.10.2007 stand er in einem Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag gemäß § 28a SGB III in der Arbeitslosenversicherung.

Für die Zeit vom 25.10.2007 bis 24.07.2008 erhielt der Kläger von der Beklagten einen Gründungszuschuss gemäß § 57 SGB III in der seit dem 01.08.2006 geltenden Fassung des Gesetzes vom 20.07.2006 (BGBl. I, S. 1706) (a. F.) für seine selbständige Tätigkeit in Höhe des zuvor errechneten Arbeitslosengeldes zuzüglich 300,00 EUR monatlich. Mit Beendigung der Auszahlung des Gründungszuschusses bestand noch ein Restanspruch seinerseits auf Arbeitslosengeld mit einer Dauer von 90 Tagen.

Nach Abmeldung seines Gewerbes am 02.10.2008 meldete sich der Kläger am 02.10.2008 zum 03.10.2008 erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld gegenüber der Beklagten.

Mit Bescheid vom 10.10.2008 bewilligte die Beklagte ihm daraufhin erneut Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 03.10.2008 bis 01.07.2009, d. h. für 270 Tage, allerdings in Höhe von 36,71 EUR täglich. Dabei bemaß sie das Arbeitslosengeld fiktiv und stufte den Kläger in die Qualifikationsgruppe 2 gleich einem Meister ein.

Der Kläger legte Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 10.10.2008 ein, den er damit begründete, dass er aufgrund seines Lebensalters und seiner langjährigen Berufserfahrung Anspruch auf 15 Monate Arbeitslosengeld habe. Da er bereits ab 01.10.2007 einen Anspruch gehabt habe, richte sich die Höhe des jetzigen Anspruchs zudem nach dem Bemessungsentgelt des Jahres 2007.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2008 zurück. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass - wenn im Bemessungsrahmen kein Bemessungszeitraum von 150 Tagen mit Arbeitsentgelt festgestellt werden könne - gemäß § 132 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt zugrunde zulegen sei; im Falle des Klägers nach der Qualifikationsgruppe 2 als Fachhochschulabsolvent, Meister bzw. mit Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung. Habe der Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bereits Arbeitslosengeld bezogen, sei das Bemessungsentgelt gemäß § 131 Abs. 4 SGB III mindestens das Entgelt, nach welchem das Arbeitslosengeld zuletzt bemess...

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