Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit einer Auferlegung von Säumniszuschlägen für zu entrichtende Nachversicherungsbeiträge bei Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Beitragsbescheides

 

Orientierungssatz

1. Die Pflicht zur Zahlung von Säumniszuschlägen nach § 24 Abs. 1 S. 1 SGB 4 entsteht kraft Gesetzes. Danach hat der für Beiträge Zahlungspflichtige für jeden angefangenen Monat ab Fälligkeit 1 % des rückständigen Beitrags zu zahlen.

2. Die Auferlegung von Säumniszuschlägen stellt eine unzulässige, weil treuwidrige Rechtsausübung des Versicherungsträgers dar, wenn er die sofortige Vollstreckung des Beitragsbescheides ausgesetzt hat.

3. Mit einer bescheidmäßigen Erklärung des Versicherungsträgers, Nachversicherungsbeiträge seien vorerst nicht zu zahlen, schafft dieser einen Vertrauenstatbestand, aufgrund dessen der Beitragsschuldner damit rechnen darf, dass Säumniszuschläge für die verspätet gezahlten Nachversicherungsbeiträge trotz deren Fälligkeit nicht erhoben werden.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 15.08.2014 wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten werden der Beklagten auch hinsichtlich des Berufungsverfahrens auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.046,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Auferlegung von Säumniszuschlägen (in Höhe von 4046,- EUR) auf Nachversicherungsbeiträge und hierbei um die Frage, ob die Beklagte Säumniszuschläge auch für den Zeitraum auferlegen kann, in dem sie die Vollziehung des die Nachversicherungsbeiträge fordernden Bescheides nach § 86 a Absatz 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgesetzt hatte. Mit Schreiben von März 2006 informierte die Klägerin die Beklagte (erstmals) darüber, dass Herr B I (im folgenden: der Versicherte) in der Zeit vom 01.09.1992 bis zum 31.08.1995 als Beamter versicherungsfrei bei der Deutschen Bundespost / Deutschen Post AG beschäftigt war, berief sich aber hinsichtlich der Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen auf die Einrede der Verjährung gemäß § 25 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Mit Bescheid vom 18.04.2006 forderte die Beklagte die Klägerin auf, Nachversicherungsbeiträge für den Versicherten für die Zeit vom 01.09.1992 bis zum 31.08.1995 gemäß § 8 Absatz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) i.V.m. § 233 Absatz 2 SGB VI zu zahlen und hierfür die beitragspflichtigen Entgelte mitzuteilen; die Beiträge seien zum 01.09.1995 fällig gewesen; anzuwenden sei hier die 30-jährige Verjährungsfrist des § 25 Absatz 1 Satz 2 SGB IV, die auch greife, wenn Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten worden seien; ein Rechtsbehelf habe keine aufschiebende Wirkung, die geforderten Beiträge seien daher sofort zu zahlen. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, sie sei ihren Aufgaben und Meldungen zur Nachversicherung stets nachgekommen, so dass nicht von vorenthaltenen Beiträgen im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 2 SGB IV die Rede sein könne; da zur Verjährungsfrage ein Musterstreitverfahren anhängig sei, werde um ein Ruhen des Widerspruchsverfahrens gebeten; zudem werde die Aussetzung der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides beantragt. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 10.05.2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit: " ...Ihrem Antrag vom 26.04.2006 auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung wird hiermit im Rahmen des § 86 a Absatz 3 Satz 1 SGG rückwirkend entsprochen; die mit unserem Bescheid geforderten Nachversicherungsbeiträge sind somit vorerst nicht zu zahlen " Nach Abschluss einer u.A. auch den Versicherten betreffenden Vereinbarung zwischen Klägerin und Beklagter vom 31.10.2011 "über die mögliche Rückzahlung von Nachversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen", in der die Beklagte der Klägerin bestätigte, sich nicht auf § 214 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu berufen und die Nachversicherungsbeiträge zurückzuzahlen, wenn diese zum Zeitpunkt der Zahlung nach § 25 SGB IV verjährt waren und die Klägerin die Beiträge zurückfordert, übersandte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 16.11.2011 eine Ausfertigung der Nachversicherungsbescheinigung nach § 185 Absatz 3 SGB VI vom 16.11.2011 für den Versicherten, nach der sich die beitragspflichtigen Entgelte auf 37.921,66 EUR und der Nachversicherungsbeitrag für die Zeit vom 01.09.1992 bis zum 31.08.1995 unter Zugrundelegung eines Beitragssatzes von 19,9 % auf 7.546,41 EUR belaufen. Anschließend führte die Klägerin entsprechend der Nachversicherungsbescheinigung vom 16.11.2011 - ohne eine Berufung auf Verjährung - die Nachversicherung für die Dienstzeit des Versicherten vom 01.09.1992 bis zum 31.08.1995 mit Wertstellung des Gesamtnachversicherungsbeitrages i.H.v. 7.546,41 EUR bei der Beklagten zum 24.11.2011 durch. In Reaktion auf einen Hinweis der Beklagten im Februar 2013, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 27.06.2012 (B 5 R 88/11 R) die Verjährungse...

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