Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende

 

Orientierungssatz

1. Haben Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung und ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung bereits vollzogen, so kann das Gericht im einstweiligen Rechtsschutz die Aufhebung der Vollziehung anordnen.

2. Beim Arbeitslosengeld 2 handelt es sich um eine von der Höhe des erzielten Einkommens abhängige Leistung. Deshalb ist allein der den Anspruch mindernde tatsächliche Zufluss des Nebeneinkommens entscheidungserheblich. Auf ein Verschulden im Hinblick auf eine unterlassene rechtzeitige Mitteilung der Nebenbeschäftigung kommt es nicht an.

3. Widerspruch und Klage gegen Erstattungsbescheide über Leistungen nach dem SGB 2 haben aufschiebende Wirkung. Die Rückforderung der ausbezahlten Geldbeträge werden vom Tatbestand des § 39 Nr. 1 SGB 2 nicht erfasst.

 

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 13. März 2006 wie folgt geändert:

Es wird festgestellt, dass die Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2006, soweit darin die Erstattung von Arbeitslosengeld II in Höhe von 297,09 EUR verlangt wird, aufschiebende Wirkung entfaltet.

Der Antragstellerin wird für das einstweilige Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwältin Anke Buch, bewilligt.

Im Übrigen wird die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Ablehnung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2006 richtet, zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die der Antragstellerin entstandenen außergerichtlichen Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zur Hälfte zu erstatten.

 

Gründe

Das Passivrubrum war von Amts wegen zu berichtigen, da die Arbeitsgemeinschaft der Agentur für Arbeit Cottbus und des Landkreises Oberspreewald-Lausitz, bezeichnet als Job Center Oberspreewald-Lausitz, vertreten durch den Geschäftsführer, nach Auffassung des Senats im Sinne des § 70 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beteiligtenfähig ist (für die Arbeitsgemeinschaft der Bundesagentur für Arbeit und des Landes Berlin für den örtlichen Bereich des Verwaltungsbezirks Lichtenberg-Hohenschönhausen, Beschluss des Senats vom 14. Juni 2005, als vormals 10. Senat des Landessozialgerichts Berlin, L 10 B 44/05 AS ER).

Die frist- und formgerecht eingelegten Beschwerden der Antragstellerin (Ast) sind zulässig und in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang auch unbegründet.

Zwar hat das Sozialgericht (SG) Cottbus zu Recht im angefochtenen Beschluss vom 13. März 2006 den Antrag der Ast auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) gegen den Bescheid vom 11. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2006 nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG abgelehnt, soweit sich die Klage gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin (Ageg) richtet, den Bescheid vom 27. Juni 2006 über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01. August 2005 bis zum 31. Dezember 2005 iHv 297,09 EUR aufzuheben bzw zurückzunehmen. Nach dieser Regelung kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; sofern der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden ist, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (§ 86b Abs 1 Satz 2 SGG). Diese Sachlage ist hier zwar gegeben, denn nach § 39 Nr 1 SGB II, der eine Regelung im Sinne von § 86a Abs 2 Nr 4 SGG trifft, haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Jedoch liegen die sonstigen Voraussetzungen des § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 und Satz 2 SGG nicht vor. Ob die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen ist oder nicht, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, wobei das private Interesse des Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Um eine Entscheidung zugunsten des Bescheidadressaten zu treffen, ist zumindest erforderlich, dass bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides bestehen (vgl zum Meinungsstand: Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2005, RdNr 197 ff).

Vorliegend bestehen schon keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des aufhebenden Verwaltungsaktes in dem Bescheid vom 11. Oktober 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2006. Zwar kann be...

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