Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücküberweisung. unzulässige Rechtsausübung. Rentenüberzahlung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine für die Zeit nach dem Tod gezahlte Rente muß die Bank dem Rentenversicherungsträger zurücküberweisen, wenn die Bank das gesamte Guthaben des Rentners nach dessen Tod ohne Prüfung der Verfügungsberechtigung an Personen ausgezahlt hat, die sich als nächste Verwandte des Rentners ausgegeben haben.

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 8. Dezember 1993 wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin DM 586,83 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die klagende (LVA) verlangt von der beklagten girokasse Rentenbeträge zurück, die sie nach dem Tode der am 27. März 1992 verstorbenen B. Sch. (B.S.) weiterbezahlt hatte.

Die am … 1915 geborene B.S. bezog seit 1. Februar 1978 Rentenleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, und zwar zunächst von der LVA (Bescheid vom 20. April 1978: Rente wegen Berufsunfähigkeit [BU]) seit 1. September 1978 von der Klägerin (Bescheid vom 30. März 1989: vorgezogenes Altersruhegeld [ARG]), zuletzt in Höhe von monatlich DM 608,85. Die Klägerin ließ die monatlichen Rentenzahlungen durch die Deutsche Bundespost auf das Girokonto der B.S., das diese bei der Beklagten unterhielt, überweisen. B.S. hatte in dem formularmäßigen "Antrag auf unbare Zahlung" als Anlage zum Rentenantrag am 4. Juli 1979 u.a. erklärt: "Ich verpflichte mich, dem Postamt oder der Rentenrechnungsstelle unverzüglich jede Änderung der Verhältnisse, die die Zahlung oder den Anspruch selbst beeinflußt, schriftlich mitzuteilen und überzahlte Beträge der Deutschen Bundespost zurückzuzahlen. Dazu beauftrage ich das jeweils kontoführende Geldinstitut mit Wirkung auch meinen Erben gegenüber, überzahlte Beträge der Deutschen Bundespost für Rechnung des Leistungsträgers zurückzuzahlen, soweit das Guthaben ausreicht. Dieser Antrag mit dem vorstehenden Auftrag kann nur von mir - aber nicht von meinen Erben - bis zum 5. eines Monats für die nachfolgende Zahlung widerrufen oder geändert werden". Die Rente für April 1992 wurde am 27. März 1992, dem Todestag der B.S., auf dem bei der Beklagten geführten Girokonto gutgeschrieben. Eine Nachfrage der Klägerin beim Notariat - Nachlaßgericht - St. ergab, daß weder eine Verfügung von Todes wegen noch ein verwertbarer Nachlaß vorhanden und die gesetzlichen Erben nicht zu ermitteln waren (Beschluß des Nachlaßgerichts vom 27. Mai 1992).

Nachdem ein Rückforderungsersuchen der Oberpostdirektion Stuttgart - Rentenrechnungsstelle - vom 7. April 1992 bei der Beklagten erfolglos geblieben war, verlangte die Klägerin mit Schreiben vom 10. Juni 1992 ihrerseits die Rückerstattung des überzahlten Rentenbetrages in Höhe von DM 608,85. Dies lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, daß über diesen Betrag vor Eingang des vorgenannten Schreibens der Klägerin verfügt worden sei und das Girokonto keine Deckung mehr aufweise; weitere Auskünfte verweigerte sie unter Bezugnahme auf das Bankgeheimnis.

Am 2. März 1993 hat die Klägerin zum Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und zunächst die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von DM 603,75 begehrt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sie mit Blick auf das von der Beklagten mit Schriftsatz vom 29. März 1993 abgegebene Teilanerkenntnis (Rücküberweisung von DM 16,92), das von ihr im Termin angenommen wurde, noch die Zahlung von DM 586,83 verlangt. Die Kürzung der außergerichtlich geltend gemachten Forderung um weitere DM 5,10 hat sie mit dem Abzug des zurückgerechneten Eigenanteils zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) begründet. Die Klägerin hat ihren Anspruch auf § 118 Abs. 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) gestützt und im wesentlichen die Auffassung vertreten, eine wirksame anderweitige Verfügung vor Eingang der Rückforderung liege nicht vor, wenn das Kreditinstitut bereits Kenntnis vom Tode des Rentenberechtigten habe. Im übrigen könne ein Geldinstitut, das die Rückübertragung von Geldleistungen für die Zeit nach dem Tode des Berechtigten verweigere, die Auskunft über den Kontostand zum Zeitpunkt des Todes sowie über die Höhe der danach getätigten Verfügungen und die Person des Verfügenden auch unter Berufung auf das Bankgeheimnis nicht ablehnen, weil dieses nur dann gelte, wenn das Interesse eines Dritten zu befriedigen wäre, nicht aber dann, wenn die Bank selbst normbetroffen sei. Die Beklagte hat im Klageverfahren vorgetragen, am Todestag habe B.S. nur ein Guthaben von DM 877,21 unterhalten; am 30. März 1992 hätten Verwandte der Erblasserin über den Betrag von DM 860,29 verfügt und die Ablösung des Girokontos beantragt. Durch diese Verfügung sei ihre Verpflichtung zur Rücküberweisung bis auf das von ihr zu Unrecht mit Sollzinsen und der Ablösungsgebühr verrechnete Restguthaben von DM 16,92 wieder aufgehoben worden, weil zu diesem Zeitpunkt weder von der Re...

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