Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Kapitalminderheit. Sperrminorität. Rechtsmacht. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung. Stimmverbot des § 47 Abs 4 S 2 GmbHG gilt nicht für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung über Weisungen an Geschäftsführer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum sozialversicherungsrechtlichen Status des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH mit einer Kapitalminderheit und einer Sperrminorität bzgl Weisungen der Gesellschafterversammlung (hier: selbstständige Erwerbstätigkeit).

2. Das Stimmverbot des § 47 Abs 4 S 2 GmbHG gilt nicht für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung über Weisungen an den Geschäftsführer.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25.11.2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,00 € endgültig festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen als Geschäftsführer der Klägerin (Zeitraum ab 06.03.2013).

Die Klägerin ist ein als GmbH verfasstes Unternehmen. Sie wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 21.09.2010 (im Folgenden: Gesellschaftsvertrag-Klägerin) gegründet. Der Unternehmensgegenstand besteht in der Führung eines Gastronomiebetriebs (B.-K.-Restaurant). Das Stammkapital beträgt 25.000,00 €. Es wird in vollem Umfang von einer V. Gesellschaft - ursprünglich mit der Firma „P. S. V.-GmbH“, jetzt mit der Firma „F. a. F. Holding-GmbH“ (im Folgenden: V.-GmbH) - gehalten (§ 3 Abs. 1 und 2 Gesellschaftsvertrag-Klägerin). Alleingesellschafter der V.-GmbH war zunächst Herr D. I. (D. I.). Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 21.02.2013 erwarb der (1981 geborene) Beigeladene einen Kapitalanteil von 5.000,00 € an der V.-GmbH. Der Kaufpreis betrug 120.000,00 €.

Gemäß § 9 Abs. 1 und 2 Gesellschaftsvertrag-Klägerin werden die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Klägerin vorbehaltlich anderweitiger Regelungen im Gesetz oder im Gesellschaftsvertrag mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wobei je 1 € Stammeinlage eine Stimme gewährt. Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn 100 % des Stammkapitals vertreten sind. Bei Beschlussunfähigkeit muss eine weitere Gesellschafterversammlung mit gleicher Tagesordnung einberufen werden; diese ist unabhängig von der Höhe des vertretenen Stammkapitals beschlussfähig (§ 8 Abs. 5 Gesellschaftsvertrag-Klägerin). Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so ist jeder Geschäftsführer allein vertretungsberechtigt. Den Geschäftsführern kann Befreiung von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erteilt werden (§ 7 Abs. 1 bis 3 Gesellschaftsvertrag-Klägerin).

Der Gesellschaftsvertrag der V.-GmbH wurde am 21.02.2013 neu gefasst (im Folgenden: Gesellschaftsvertrag-Holding). Gemäß § 4 Gesellschaftsvertrag-Holding hält D. I. einen Kapitalanteil von 20.000,00 €, der Beigeladene hält einen Kapitalanteil von 5.000,00 €. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Den Geschäftsführern kann Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden (§ 5 Gesellschaftsvertrag-Holding). Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der V.-GmbH werden vorbehaltlich anderweitiger Regelungen im Gesetz oder im Gesellschaftsvertrag mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wobei je 1 € Stammeinlage eine Stimme gewährt (§ 9 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag-Holding). Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn das gesamte Stammkapital vertreten ist. Bei Beschlussunfähigkeit muss eine weitere Gesellschafterversammlung mit gleicher Tagesordnung einberufen werden; diese ist unabhängig von der Höhe des vertretenen Stammkapitals beschlussfähig (§ 6 Abs. 4 Gesellschaftsvertrag-Holding). Gemäß § 7 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag-Holding sind folgende Beschlüsse einstimmig zu fassen: (a) Auflösung der Gesellschaft, (b) Erhöhung des Stammkapitals, sofern nicht einem Gesellschafter im Verhältnis der Geschäftsanteile ein Bezugsrecht eingeräumt wird, (c) Änderung des Gesellschaftsvertrags, wobei die Änderung von Regelungen, die einstimmige Gesellschafterbeschlüsse verlangen, der Einstimmigkeit bedarf, (d) Abschluss und Änderung von Geschäftsführeranstellungsverträgen und die Erteilung von Weisungen an Geschäftsführer, auch soweit diese sich auf Tochtergesellschaften beziehen.

Durch Gesellschafterbeschluss der Klägerin vom 21.09.2010 wurden der Beigeladene und D. I. zu Geschäftsführern der Klägerin bestellt. Ihnen wurde Alleinvertretungsmacht erteilt und sie wurden von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Durch Gesellschafterbeschluss der V.-GmbH vom 21.02.2013 wurde der Beigeladene - neben D. I - zum Geschäftsführer (auch) der V.-GmbH bestellt; er wurde von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit und ihm ...

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