Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragszahnärztliche Versorgung. Einteilung eines nicht (mehr) zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnarztes zum zahnärztlichen Notdienst. keine Eingliederung in fremden Betrieb oder Weisungsgebundenheit auch bei Notdienst in Notfalldienstzentrum

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einteilung eines Zahnarztes, der nicht (mehr) zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen ist und auch nicht (mehr) über eine eigene Praxis verfügt, zum zahnärztlichen Notdienst durch die Kassenzahnärztliche Vereinigung erfolgt durch einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt. Zahnärzte, die auf der Grundlage eines solchen Verwaltungsaktes für die Dauer des Notdienstes an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmen, sind weder in einen fremden Betrieb eingegliedert noch unterliegen sie Weisungen. Dies gilt auch dann, wenn der Notdienst in einem eigens hierzu von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung eingerichteten Notfalldienstzentrum wahrgenommen wird.

(Der Senat hat die Revision zugelassen).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.10.2023; Aktenzeichen B 12 R 9/21 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 08.09.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Sozialversicherungspflicht der Tätigkeit als Zahnarzt im Notfalldienst in der Zeit vom 20.01.2018 bis zum 19.04.2019.

Der 1954 geborene Kläger ist Zahnarzt. Zum 31.03.2017 verkaufte er seine Praxis in K. und verfügt seitdem auch nicht mehr über eine Kassenzulassung.

Ab Januar 2018 bis einschließlich 19.04.2019 wurde der Kläger für die Beigeladene, eine Kassenzahnärztliche Vereinigung, die ua für den Dienstbezirk H im Rahmen ihres Sicherstellungsauftrags gem § 75 Abs 1b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu den sprechstundenfreien Zeiten ein zahnärztliches Notfalldienstzentrum betreibt, als Zahnarzt im Notdienst tätig. Dabei handelte es sich um seine einzige berufliche Tätigkeit. Der Kläger übernahm während des gesamten Zeitraums pro Monat durchschnittlich dreimal den Wochenendnotdienst, zumeist zwischen 13:00 Uhr und 20:00 Uhr. Für seine Tätigkeit erhielt er im Jahr 2018 insgesamt eine Vergütung in Höhe von 9.651 €, im Jahr 2019 in Höhe von 3.290 €. Im Einzelnen war er an folgenden Tagen tätig: 20.01.2018, 27.01.2018, 10.02.2018, 12.02.2018, 30.03.2018, 02.04.2018, 08.04.2018, 15.04.2018, 12.05.2018, 21.05.2018, 31.05.2018, 02.06.2018, 03.06.2018, 23.06.2018, 14.07.2018, 21.07.2018, 29.07.2018, 05.08.2018, 12.08.2018, 18.08.2018, 26.08.2018, 01.09.2018, 08.09.2018, 23.09.2018, 06.10.2018, 28.10.2018, 10.11.2018, 17.11.2018, 24.11.2018, 02.12.2018, 08.12.2018, 16.12.2018, 29.12.2018, 12.01.2019, 13.01.2019, 27.01.2019, 23.02.2019, 02.03.2019, 03.03.2019, 16.03.2019, 31.03.2019, 07.04.2019 und 19.04.2019 (vgl Bl 177 SG-Akte).

Die zahnärztliche Notdiensttätigkeit fand in durch die Beigeladene angemieteten und durch diese mit Geräten und Material ausgestatteten Räumlichkeiten statt und wurde durch an der zahnärztlichen Versorgung teilnehmende Zahnärzte sowie auch durch nicht zugelassene Zahnärzte - wie den Kläger - durchgeführt auf Basis der Notfalldienstordnung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg in der Fassung vom 28.06.2008, geändert durch Beschluss vom 30.11.2012/01.12.2012. Die Verteilung der Schichten erfolgte entsprechend den auf einem übersandten Formular angegebenen Wünschen des Klägers. Aufgrund der Rückmeldung des Klägers wurde von der Beigeladenen ein Dienstplan erstellt und dem Kläger bekannt gegeben. Mit der Bekanntgabe des Dienstplans wies die Beigeladene den Kläger darauf hin, „dass die Dienste, für die Sie eingeteilt wurden, so wahrzunehmen sind. Daher sind Tausche untereinander abzuklären und der KZV schriftlich bekannt zu geben“ (vgl Schreiben der Beigeladenen vom 06.12.2018, Bl 18 der V-Akte). Während einer Schicht waren neben dem Kläger ein bis zwei zahnmedizinische Fachangestellte anwesend, die Assistenz- und Dokumentationstätigkeiten ausführen und zum Großteil auf Minijobbasis tätig werden. Die Vergütung richtete sich nach der jeweiligen Schicht und lag pro Stunde zwischen 34,00 € und 50,00 € (Bl 127 SG-Akte).

Nachdem es zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu Unstimmigkeiten in Bezug auf Behandlungsmodalitäten, insbesondere bei Wurzelbehandlungen an Molaren, gekommen war und sich der Kläger in der Folge weigerte, eine „persönliche Erklärung“ zu einzelnen Behandlungsinhalten zu unterzeichnen, setzte die Beigeladene ihn zu keinen weiteren Notfalldiensten mehr ein.

Der Kläger wandte sich daraufhin ans Arbeitsgericht Mannheim (Az 10 Ca 166/19), um feststellen zu lassen, dass es sich bei seiner Tätigkeit um ein Arbeitnehmerverhältnis gehandelt habe. Weiterhin begehrte er ua die Verurteilung der Beigeladenen zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, weiteren Arbeitslohns, Urlaubsabgeltung und Unterlassung. Mit Urteil vom 27.11.2019 wies das Arbeitsgericht die Kla...

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