Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. Durchschreiten der Außentür. tätlicher Angriff im Hausflur. sachlicher Zusammenhang. Schutzzweck der Norm. persönlicher Grund. Ansprechen eines Verkehrsteilnehmers wegen Fehlverhaltens nach Abschluss des Arbeitswegs. Abstellen des Pkw in der Hofeinfahrt

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein zu Körperschäden führender überfallartiger Angriff vom Versicherten dadurch veranlasst, dass er nach Beendigung seiner Fahrt mit dem Pkw vom Betrieb nach Hause einen anderen Verkehrsteilnehmer auf dessen vorheriges Fehlverhalten anspricht, liegt kein Arbeitsunfall vor.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.02.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht die Anerkennung eines Arbeitsunfalles im Streit.

Der am ... 1952 geborene Kläger ist Diplomingenieur mit einem eigenen Unternehmen für Computer- und Sicherheitstechnik und bei der Beklagten freiwillig unfallversichert (Akten-Id: 3/Seite 1 von 1 der Verwaltungsakte, im Folgenden VA). Am 14.01.2017 befand er sich auf dem Heimweg von seiner Firma im A. 14 in O. zu seiner Wohnadresse H. 14 in O. Als er dabei die Straße H. bergabwärts Richtung seines Wohngrundstücks befuhr, fiel ihm ein Radfahrer auf, der über die ganze Breite der Straße hin und her schwankte. Kurz vor seiner Hofeinfahrt sah er, dass seine Schwester mit ihrem Pkw gerade los- und aus der Hofeinfahrt herausfuhr. Weil der Kläger rückwärts in die Hofeinfahrt einparken wollte und dazu zunächst an der Hofeinfahrt bergabwärts vorbeifahren musste, hielt er an. Seine Schwester, die die Gefällstrecke in Fahrtrichtung des Klägers hinabfahren wollte, musste dann ihrerseits wegen des Radfahrers anhalten, weil dieser sich - in entgegenkommender Richtung - mitten auf der Fahrbahn vor ihr befand. Der Kläger konnte seine Fahrt in die Hofeinfahrt erst fortsetzen, nachdem seine Schwester um den Radfahrer herumgefahren war. Nachdem der Kläger schließlich seinen Pkw in der Hofeinfahrt geparkt hatte und im Begriff war, diesen zu verlassen, befand sich der Radfahrer gerade auf Höhe der klägerischen Hofeinfahrt. Der Kläger sprach ihn an und bat ihn, nicht mittig auf der Fahrbahn zu fahren und andere Verkehrsteilnehmer zu blockieren. Daraufhin warf der Radfahrer sein Fahrrad unvermittelt zu Boden und kam auf den Kläger zu. Dieser brach seinen Aussteigevorgang sogleich ab, zog die Autotür wieder zu und wartete, bis sich der Radfahrer nach mehrmaligen Klopfen auf das Autodach wieder umgedreht und in Richtung Straße gegangen war. Der Kläger wähnte sich in Sicherheit und stieg aus seinem Pkw aus. Als er den Wagen abschließen wollte, stand der Radfahrer wieder hinter ihm, packte ihn an den Schultern und stieß ihn mehrmals in Richtung Fahrertür. Zu Schlägen und Verletzungen kam es hierbei (noch) nicht (Bl. 26 LSG-Akte). Nachdem der Radfahrer vom Kläger abgelassen hatte und wieder Richtung Straße gegangen war, setzte der Kläger seinen Weg ins Haus fort. Nachdem er die Haustür aufgeschlossen, in den Hausflur getreten und diese fast von innen wieder verschlossen hatte, drückte der Radfahrer mit Gewalt die Haustür wieder auf und schlug mit den Fäusten sowie mit einem Besenstiel auf Gesicht und Körper des Klägers ein (Akten-Id 1/Seite 1 von 12 VA). Der Kläger stürzte daraufhin im Hausflur zu Boden. Der Radfahrer ließ schließlich vom Kläger ab und entfernte sich. Durch den Sturz und die Schläge erlitt der Kläger einen Quadrizepssehnenriss links, eine Nasenbeinfraktur, eine Prellung am linken Oberarm innenseitig sowie eine Schädelprellung mit Brillenhämatom (Akten-Id 1/Seite 11 von 12 VA).

Mit Bescheid vom 23.06.2017 entschied die Beklagte, dass ein Arbeitsunfall nicht vorliege und Ansprüche auf Leistungen nicht bestünden, da kein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Streit und der betrieblichen und somit versicherten Tätigkeit vorliege. Den erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass das Ansprechen des Radfahrers die Handlungstendenz gehabt habe, den Weg nach Hause fortzusetzen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liege auch bei einem Streit über das Verkehrsverhalten eine versicherte Tätigkeit vor, weshalb die Beklagte einen Arbeitsunfall anzuerkennen habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.04.2018 wies die Beklagte den erhobenen Widerspruch zurück und begründete dies erneut damit, dass kein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und der betrieblichen Tätigkeit bestehe, da sich der Kläger die Verletzungen bei einem tätlichen Angriff zugezogen habe, dem ein Streit über das Verhalten des Angreifers vorausgegangen sei. Der Streit habe sich aus einem vom allgemeinen Wegerisiko abgrenzbaren neuen Gefahrenbereich aus privaten Gründen entwickelt.

Die hiergegen am 18.04.2018 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage ist mit Urteil vom 14.02.2019 und der Begründung abgewiesen worden, dass es an der erforderlichen ...

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