Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankengeldberechnung. Berücksichtigung von Überstunden

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Berechnung der Höhe von Krankengeld nach § 47 SGB V sind Überstunden dann zu berücksichtigen, wenn sie regelmäßig geleistet werden. Dies ist anhand einer Betrachtung der letzten drei Monate (13 Wochen) zu beurteilen. Bestand das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit noch nicht für diesen Beobachtungszeitraum, ist die Regelmäßigkeit der Ableistung von Überstunden anhand objektiver Kriterien abzuschätzen. Hierbei kann insbesondere ein erhöhter Einarbeitungsaufwand maßgeblich dazu führen, dass in der ersten Phase der Tätigkeit vermehrte Überstunden anfallen, die im weiteren Fortgang der Tätigkeit nicht mehr zu erwarten stehen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25.08.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welcher Höhe dem Kläger vom 12.10.2013 - 04.05.2014 Krankengeld zu gewähren ist.

Der im Jahr 1969 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Auf Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 25.07.2013 war der Kläger ab dem 01.08.2013 als Kraftfahrer für die H., Bad F., tätig. Ab dem 18.09.2013 war der Kläger wegen einer Erkrankung des Kniegelenks bzw. Vorhofflimmern bis einschließlich dem 04.05.2014 arbeitsunfähig erkrankt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete nach einer arbeitgeberseitigen Kündigung vom 26.09.2013 mit dem 11.10.2013. Bis zu diesem Zeitpunkt erhielt der Kläger sein Gehalt unter Entgeltfortzahlungsgrundsätzen.

Im Rahmen einer Entgeltbescheinigung des Steuerbüros der H. vom 13.11.2013 wurde seitens der H. ausgeführt, dass sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers auf 45 Stunden pro Woche belaufen habe. Im zuletzt abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum vom 01. - 31.08.2013 habe der Kläger ein Bruttoarbeitsentgelt i.H.v. 3.146,- € (2.236,06 € netto) erzielt. Dieses Bruttoarbeitsentgelt sei in insg. 286 Stunden erzielt worden.

Mit Bescheid vom 15.11.2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger Krankengeld ab dem 12.10.2013 i.H.v. 45,22 € brutto (39,81 € netto) täglich.

Gegen den nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 10.03.2014 Widerspruch, mit dem er die Gewährung von Krankengeld i.H.v. 64,99 € täglich (netto) geltend machte. Unter Vorlage von Lohn- bzw. Gehaltsabrechnungen für die Monate August und September 2013 führte der Kläger begründend aus, er habe ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt i.H.v. 3.250,- € (2.468,- € netto) erzielt. Hieraus errechne sich ein Bruttokrankengeldanspruch i.H.v. 75,83 € (64,99 € netto). Dies gründe darin, dass die ihm gewährte Mehrarbeitsvergütung bei der Berechnung des Regelentgelts zu berücksichtigen sei, da er diese Mehrarbeit fortlaufend während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses bei der H. geleistet habe.

Nachdem die Beteiligten ihre jeweiligen Krankengeldberechnungen im Widerspruchsverfahren erläutert und bekräftigt hatten, half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2016 teilweise ab und berücksichtigte bei der Krankengeldberechnung für die Zeit vom 12.10.2013 - 04.05.2014 zusätzlich drei Überstunden pro Woche. Im Übrigen wies sie den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Höhe und die Berechnung des Krankengeldes ergäben sich aus § 47 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Hiernach seien Mehrarbeitsstunden zu berücksichtigen, wenn sie regelmäßig während der letzten abgerechneten drei Monate bzw. 13 Wochen geleistet und vergütet worden seien. Sofern der Versicherte noch keine drei Monate im Betrieb beschäftigt gewesen sei, seien bei der Ermittlung der zu berücksichtigenden Mehrarbeitsstunden die Verhältnisse zugrunde zu legen, die unter normalen Umständen vorgelegen hätten. Zwar habe der Kläger im August 2013 insgesamt 91 Überstunden geleistet, dies führe jedoch nicht, wie klägerseits geltend gemacht, dazu, dass der Krankengeldberechnung eine wöchentliche Arbeitszeit von 67,75 Stunden zugrunde zu legen sei. Nach § 3 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) dürfe die werktägliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers acht Stunden täglich nicht überschreiten, sie könne auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten würden. Durch die geltend gemachte wöchentliche Arbeitszeit von 67,75 Stunden sei die diesbezügliche Zehnstundengrenze rechtswidriger Weise überschritten worden, weswegen ein Anspruch auf Krankengeld hieraus nicht hergeleitet werden könne. Die klägerseits geltend gemachte Berücksichtigung würde dazu führen, dass der arbeitsunfähige Versicherte für einen potentiellen Leistungszeitraum von 78 Wochen ein höheres Einkommen generieren würde, als es für einen arbeitsfähigen Arbei...

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