Rechtsmittel eingelegt unter dem Aktenzeichen: 5 AZN 598/09

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahmeverzug. böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs. Kein böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs bei unzumutbar langer Fahrtzeit zur Arbeitsstätte (hier: 4 Stunden täglich)

 

Leitsatz (amtlich)

1) Kein böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs bei unzumutbar langer Fahrtzeit zur Arbeitsstätte (hier: 4 Stunden täglich)

2) Die Böswilligkeit des Unterlassens anderweitigen Erwerbs folgt auch nicht daraus, dass der Arbeitnehmer im vorangegangenen Kündigungsschutzprozess vorgeschlagen hatte, den (Kündigungs-)rechtsstreit vergleichsweise dahingehend zu beenden, indem er an der anderen Arbeitsstätte weiterbeschäftigt wird.

 

Normenkette

BGB § 615; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Celle (Urteil vom 17.04.2008; Aktenzeichen 1 Ca 185/07)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Celle vom 17.04.2008, 1 Ca 185/07, abgeändert:

2. Das beklagte Krankenhaus wird verurteilt, an den Kläger 12.444,67 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 931,98 EUR seit dem 01.06.2007, auf jeweils 1.644,67 EUR seit dem 01.07.2007, 01.08.2007, 01.09.2007, 01.10.2007, 01.11.2007, 01.12.2007 und 01.01.2008 abzüglich erhaltener Leistungen der Agentur für Arbeit in Höhe von 6.453,61 EUR netto zu zahlen.

3. Das beklagte Krankenhaus trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Arbeitsentgelt unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für den Zeitraum vom 14.05.2007 bis 31.12.2007 nach arbeitgeberseitiger verhaltensbedingter Kündigung vom 13.10.2006 zum 31.12.2006. Das Arbeitsgericht hatte der Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 01.03.2007 nach Durchführung der Beweisaufnahme stattgegeben. Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil wurde durch Urteil vom 10.12.2007 vom Landesarbeitsgericht Niedersachsen (6 Sa 645/07) zurückgewiesen.

Gegenstand des Rechtsstreits und des Berufungsverfahrens um die Annahmeverzugsvergütung ist vor allem der Einwand der Beklagten, der Kläger habe anderweitigen Erwerb böswillig unterlassen, weil ihm mit Wirkung vom 14. Mai 2007 befristet bis 31.12.2007 anstelle einer Beschäftigung bei der Beklagten in C-Stadt eine Beschäftigung im Klinikum P.-STADT im Bereich Logistik/Wäscherei angeboten wurde. Dies auch im Rahmen des vom Kläger geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruches.

Für das gesamte erstinstanzliche und unstreitige Vorbringen der Parteien einschließlich der gestellten Anträge wird auf den detaillierten Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 17.04.2008 verwiesen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Auch hinsichtlich der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses dem Kläger am 21.05.2008 zugestellte Urteil legte er mit am 19.06.2008 per Fax-Schriftsatz Berufung ein. Die Berufung begründete er mit am 20.08.2008 eingegangenem Fax-Schriftsatz vom 19.08.2008, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf den Antrag der Klägervertreterin vom 14.07.2008 durch Beschluss vom 14.07.2008 bis 21.08.2008 verlängert worden war.

Mit seiner Berufungsbegründung wiederholt und vertieft der Kläger sein Vorbringen zu der von ihm aufzuwendenden Fahrtzeit vom Wohnort bis zum Klinikum in P.-STADT gegenüber der aufzuwendenden Fahrtzeit in das Klinikum der Beklagten in C-Stadt. Insbesondere wegen der entstehenden Leerlaufzeiten zwischen Ankunft und Arbeitsbeginn bzw. Abfahrt und Arbeitsende von morgens 25 Minuten und abends 42 Minuten und des im Übrigen etwas größeren Zeitaufwandes für die Bahnfahrt verdoppele sich seine tägliche Fahrzeit. Er benötige bei Arbeitsbeginn um 9.18 Uhr für die Hinfahrt 109 Minuten und für die Rückfahrt 133 Minuten zuzüglich der Leerlaufzeiten. Dies sei bei einer sechsstündigen täglichen Beschäftigung unzumutbar. Der Kläger verweist auf die Fahrverbindungen von C-Stadt und P.-STADT, aus denen sich ergebe, dass die Fahrverbindung nach C-Stadt wesentlich günstiger sei. Der Einwand der Beklagten, man habe die Arbeitszeiten (Arbeitsbeginn und Arbeitsende) an die Fahrzeiten anpassen können, führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Dass eine solche Handhabung im Klinikum möglich sei, habe er nicht gewusst und sei ihm auch nicht gesagt worden. Er habe auf die Angaben im Schreiben vom 09.05.2007 vertraut. Er bestreitet auch vorsorglich, dass im Klinikum P.-STADT flexibel gearbeitet werde.

Wie sich in der letzten mündlichen Verhandlung herausgestellt hat, hat der Kläger im Klinikum C-Stadt immer von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr gearbeitet. Wegen seiner Teilzeitbeschäftigung (sechs Stunden pro Tag) wurde Freizeitausgleich an anderen Tagen gewährt.

Schließlich bleibt der Kläger bei seiner Auffassung, dass er zu einer Versetzung im Rahmen des § 4 TVöD-K im Rahmen der von ihm geltend gemachten Weiterbeschäftigung nicht angehört worden sei. Die Beklagte habe das von ihm im Kündigungsschutzprozess abgegebene Angebot auf vergleichsweise ...

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