Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordentliche Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Einzelfallentscheidung zur Ordnungsmäßigkeit einer Betriebsratsanhörung im Zusammenhang mit einer ordentlichen verhaltensbedingten Arbeitgeberkündigung; der Arbeitgeber konnte nicht unter Beweis stellen, dass dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung eine den gekündigten Arbeitnehmer entlastende Gegendarstellung übergeben worden war.

 

Normenkette

KSchG § 1; BetrVG § 102

 

Verfahrensgang

ArbG München (Aktenzeichen 10 b Ca 1876/07 I)

 

Tenor

1.Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München – Kammer Ingolstadt –, Az.: 10 b Ca 1876/07 I, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2.Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist seit 1. September 2001 bei der Beklagten zuletzt als Fachreferent in der Organisationseinheit A.-S. Systemtechnik zu einem monatlichen Bruttogehalt von 5.683,34 EUR beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer. Der Kläger ist verheiratet und einem dreijährigen Kind unterhaltsverpflichtet.

In der Abteilung, in der der Kläger beschäftigt ist, kam es zwischen dem Kläger und verschiedenen Mitarbeitern und Vorgesetzten des Klägers zu Spannungen. Am 14.08.2007 schickte der Kläger Herrn E. K., einem Vorgesetzten des Klägers eine E-Mail, die insbesondere folgende Ausführungen beinhaltet:

„Da C. ein „Nein” von mir nicht akzeptiert und die normale Sprache nicht versteht, muss ich mal wieder zu solch extremen Handlungen greifen …”. „Daher hoffe ich, dass Sie C. zurückrufen, bevor dieses alte Thema erstmalig bei Herrn F. aufschlägt. In meiner derzeitigen Verfassung sollten Sie mit allem rechnen. In Plauderlaune könnte ich es mir evtl. auch nicht mehr verkneifen weitere Vorfälle in der Vergangenheit anzusprechen, da das alles dann wieder hochkommt. Durch die aufkochenden Emotionen, hätte ich sicher meine Probleme, mich selbst zu kontrollieren, da ich grundsätzlich auch keine Angst vor Verlusten habe. Das ist immer eine schlechte Kombination und eine große Schwäche von mir. Das Ganze könnte demnach schnell ganz andere Dimensionen und Ausmaße annehmen. Verstehen Sie das nicht als Drohung, sondern als Einschätzung meines sehr wahrscheinlichen Verhaltens in der momentanen Situation. Daher sehe ich den Do.-Termin mit Herrn F. bereits als Eskalationstermin, wenn C. heute nicht überzeugt werden kann.”

Unter dem 31.10.2007 sandte der Kläger an die Mitarbeiter K., B. und F. sowie an seine Vorgesetzten E. K. und U. F. eine weitere E-Mail, in der der Kläger insbesondere folgendes erklärte:

„… Wo ist Euer Problem? Ich verlange doch nicht Unmögliches, sondern das was zu jeder Termineinladung gehört. Nämlich Inhalt und Ziel. Ihr habt diesen Weg eingeschlagen – jetzt müsst Ihr auch dahinter stehen und die Hosen runter lassen! … Wenn jedoch von Seiten Herrn F. dieser Weg entschieden ist, werde ich mich verteidigen und müsste dann meine ehemaligen Vorgesetzten K. und B. stark belasten. Die Situation scheint zu eskalieren. Insofern werde ich mich zu verteidigen wissen. Was das bedeutet, könnt Ihr Euch denken. Wenn ich bis zum 26.11.2007 von Euch nichts Schriftliches bekomme, gehe ich davon aus, dass ich Euren Segen habe Euch belasten zu dürfen.”

Eine Abmahnung hat die Beklagte gegenüber dem Kläger nicht ausgesprochen.

In einer E-Mail vom 07.11.2007 erklärte der Kläger unter anderem – adressiert an Herrn K. – folgendes:

„Ich entschuldige mich hiermit direkt bei Ihnen für den Vorfall mit dem Deploymentthema von C.. Obwohl ich Punkte gegen C. Vorschlag sah, hätte ich das Gespräch mit Ihnen suchen müssen. Ich habe mich von C. Provokation verleiten lassen und habe die Beherrschung verloren und hätte solch ein Mailverkehr nicht schreiben dürfen. Bei der Art und Weise das Thema anzugehen bin ich einfach zu weit gegangen.

Es war sicherlich ein einmaliger Ausrutscher von mir und wird auch nicht mehr vorkommen.”

Mit Schreiben vom 12.11.2007, dem Kläger zugegangen am 13.11.2007, sprach die Beklagte die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.01.2008 aus.

Mit seiner beim Arbeitsgericht München am 23. November 2007 eingegangenen Klage vom selben Tag hat der Kläger die gerichtliche Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 12. November 2007 nicht aufgelöst worden ist.

Zur Begründung hat er ausgeführt, die Kündigung vom 12. November 2007 sei sozial nicht gerechtfertigt. Anlass für die wiedergegebenen E-Mails seien Probleme und Missstände in der Abteilung gewesen. Auch seien eingebrachte Ideen des Klägers nicht bzw. nur unzureichend prämiert worden. Die Position des „S. O.” wolle er deshalb nicht ausüben, weil er in dieser Position bereits in der Vergangenheit negative Erfahrungen gesammelt habe. Einer ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats bzw. des Personalausschusses, auf den in personelle...

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