Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordentliche Kündigung in Kleinbetrieb. Unbegründete Kündigungsschutzklage einer Sachbearbeiterin in der Wohnungsverwaltung bei unzureichenden Darlegungen zur Treuwidrigkeit der Kündigung wegen Maßregelung nach Rechtsverfolgung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum zeitlichen Zusammenhang zwischen Rechtswahrnehmung und Maßregelung und der davon ausgehenden Indizwirkung.

2. Zur Bedeutung von unabhängig von der Rechtswahrnehmung entdeckten Belastungen des Arbeitsverhältnisses.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zwischen einer mit Anwaltshilfe erzwungenen vollständigen Zahlung des Weihnachtsgeldes Mitte Dezember 2013 und einer ordentlichen Kündigung Ende März 2014 liegt ein so erheblicher Zeitraum, das die zeitliche Nähe zwischen der Wahrnehmung des Rechts und der Benachteiligung als Indiztatsache ausscheidet; selbst wenn zu Gunsten der Arbeitnehmerin unterstellt wird, dass Indizien für eine treuwidrige Kündigung schlüssig dargelegt sind, ist die Kündigung gleichwohl tatsächlich nicht treuwidrig, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung Ende März 2014 auch aus anderen Gründen erheblich belastet und somit die Feststellung nicht möglich ist, dass die Kündigung wegen der Durchsetzung des Rechts auf das vollständige Weihnachtsgeld im Dezember 2013 erfolgt.

2. Das Arbeitsverhältnis einer Sachbearbeiterin in der Wohnungsverwaltung ist erheblich belastet, wenn die Arbeitnehmerin Ratenzahlungsrückstände aus vergangenen Mietschulden bei zwei Mieterinnen nicht mit dem gebotenen und sonst angewendeten Nachdruck nachgegangen war und sie Kommens- und Gehenszeiten der beiden mit ihr in der Geschäftsstelle tätigen Vorstandsmitglieder heimlich in ihrem Tischkalender notiert hat.

3. Ist das Arbeitsverhältnis erheblich belastet, ergibt sich eine eigenständige Rechtfertigung der Kündigung unabhängig von der einige Monate zurückliegenden Rechtsdurchsetzung durch die Arbeitnehmerin.

 

Normenkette

KSchG § 1; BGB §§ 242, 612a; KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Entscheidung vom 14.08.2014; Aktenzeichen 6 Ca 573/14)

 

Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Die Beklagte betreibt in der Rechtsform einer Genossenschaft Wohnungsverwaltung und -vermietung. Im Betrieb der Beklagten sind in der Verwaltung neben der Klägerin nur die Vorstandsmitglieder Frau M. und Frau K. als Arbeitnehmerinnen tätig. Ein weiterer Mitarbeiter Herr H. ist im Wesentlichen für die Technik zuständig. Über weitere Arbeitnehmer verfügt die Beklagte nicht.

Die verheiratete Klägerin, die keinen aktuellen Unterhaltsverpflichtungen unterliegt, war bei der Beklagten seit April 2007 als Sachbearbeiterin in der Wohnungsverwaltung tätig. Die Klägerin hat zuletzt monatlichen 2.150,00 EUR brutto verdient zuzüglich eines Urlaubsgeldes und eines Weihnachtsgeldes, das - ohne vertragliche Regelung hierzu - jeweils in Höhe eines Bruttogehalts gezahlt wurde.

Im Jahr 2013 war die Klägerin etwa 16 Wochen arbeitsunfähig erkrankt. Während dieser Zeit übernahmen die Vorstandsmitglieder M. und K. die klägerischen Aufgaben. Im November 2013 zahlte die Beklagte an die Klägerin das Weihnachtsgeld lediglich in Höhe von 1.433,33 EUR brutto aus (2/3 eines Monatsgehalts). Die Klägerin hatte sich nach Überweisung des Geldes telefonisch nach dem Grund erkundigt, worauf Frau M. ihr mitgeteilt hatte, die Kürzung sei erfolgt, damit die Anderen, die die Arbeiten der Klägerin während ihrer Ausfallzeit mit erledigt hatten, fairer behandelt werden würden. Die Klägerin hatte in dem Gespräch auf der vollständigen Auszahlung bestanden, was von Frau M. im Namen der Beklagten abgelehnt wurde. Als die Klägerin allerdings ihre Forderung mit außergerichtlichem Anwaltsschreiben vom 12. Dezember 2013 (Kopie hier Blatt 12) geltend gemacht hat, ist das restliche Weihnachtsgeld in Höhe 1/3 eines Monatsgehalts umgehend nachgezahlt worden.

Als dann nach Ende des Urlaubs von Frau M., die Klägerin und Frau M. ab Mitte Januar 2014 wieder zusammengearbeitet hatten, hat sich das Klima des Umgangs der beiden Damen miteinander deutlich abgekühlt, wobei sich beide Damen gegenseitig vorwerfen, für die Verschlechterung des Klimas im Umgang miteinander verantwortlich zu sein.

Die Klägerin hatte beabsichtigt, ihren Resturlaub für das Kalenderjahr 2013 nach Ostern 2014, also Mitte bzw. Ende April 2014 zu nehmen. Dies wurde von der Beklagten in Person von Frau M. im Januar 2014 abgelehnt mit dem Hinweis darauf, dass nach dem Gesetz Resturlaub bis zum 31. März des folgenden Kalenderjahres zu nehmen sei. In diesem Zusammenhang ist unstreitig, dass das Vorstandsmitglied Frau K. im Kalenderjahr 2013 ihren Resturlaub aus dem Kalenderjahr 2012 erst nach dem 31. März genommen hatte. Außerdem wurde die Klägerin aufgefordert, Arztbesuche außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit wahrzunehmen. Sollte das nicht möglich sein, sollte die Klägerin Rückspr...

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