Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegungs- und Beweislast bei Verwahrung von Geld durch einen Arbeitnehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Arbeitgeber trägt die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Arbeitnehmer den Verlust von Geldbeträgen, die er nicht in unmittelbarem Alleinbesitz hat, also nicht selbständig verwaltet, zu vertreten hat.

2. Bei einer Verkaufskraft, die 990 EUR im Monat für eine 33-Wochen-Stunde verdient ist in der Regel nicht davon auszugehen, dass sie ihr anvertraute Geldbeträge (hier: Kassenbestand) selbständig verwaltet. Sie hat daher in aller Regel keinen unmittelbaren Alleinbesitz.

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1, §§ 619a, 667, 611

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 27.11.2014; Aktenzeichen 8 Ca 4060/14)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.11.2014 - 8 C 4060/14 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten, nachdem sie erstinstanzlich noch darüber stritten, ob der Beklagte einen restlichen Wechselgeldbestand von 49,77 € herauszugeben habe (die Klägerin hatte vorgerichtlich den kompletten Bestand von 140,00 € verlangt, im Prozess aber vorgetragen, es seien 90,32 € zurückgegeben worden), streiten sie zweitinstanzlich nunmehr darum, ob der Beklagte der Klägerin einen Betrag von 624,13 € schuldet, einen Betrag, der unstreitig die Tageseinnahme am 05.04.2014 war.

Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils mit folgender Korrektur Bezug genommen: Den zunächst gehaltenen, im Tatbestand des Arbeitsgerichts wiedergegebenen Vortrag der Klägerin, nur sie selbst und ihre Schwester, niemand sonst habe Zugang zu dem Tresor, hat die Klägerin selbst in der mündlichen Verhandlung vor dem erstinstanzlichen Gericht vom 27.11.2014 dahingehend korrigiert, dass sie nunmehr behauptet hat, es gäbe zwei Schlüssel, einer sei in ihrem Besitz, der andere im Besitz des Verpächters und sie habe ihren Schlüssel entweder selbst verwahrt oder ihrer Schwester zur Verfügung gestellt, wenn diese das Geld abgeholt habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage auch hinsichtlich des zweitinstanzlich noch streitigen Teils abgewiesen. Die Klägerin hat Berufung hinsichtlich des Betrages von 624,13 € eingelegt und diese mit Rechtsausführungen begründet, wegen derer auf die Berufungsbegründung (Bl. 65 bis 67 d. A.) Bezug genommen wird.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.11.2014 - 8 Ca 4080/14 - teilweise abzuändern und den Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 624,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.04.2014 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er führt aus, allein daraus, dass sich nach Vortrag der Klägerin ein Schlüssel in ihrem Besitz, der andere in dem des Verpächters befinde und die Klägerin ihren Schlüssel auch an ihre Schwester übergebe, ergäben sich mannigfaltige Möglichkeiten, dass sich jemand unberechtigter Weise Zutritt zum Tresor verschaffe. Ob es - wie ihm von Frau U M mitgeteilt worden sei - tatsächlich am 05./06.04.2014 einen Einbruch gegeben habe oder nicht, hätte nur durch die Polizei geklärt werden können. Die Klägerin habe aber die Polizei nicht verständigt. Frau U M habe - das ist unstreitig - am 09.04., an dem er, der Beklagte, sie angetroffen habe, gar keinen Dienst gehabt. Auch sei es so, was ebenfalls nicht bestritten ist, dass - nach Behauptung der Klägerin - der angebliche Einbruch in der Nacht von Samstag auf Sonntag, also vom 05. auf den 06.04.2014 erfolgte, aber am Mittwoch, den 09.04.2014, an dem der Beklagte erstmalig wieder Dienst hatte, er ganz normal seine Tätigkeit verrichtet habe und bis 19:50 Uhr gearbeitet habe, ohne dass die Klägerin ihn bis dahin darauf angesprochen habe. Der Beklagte bestreitet die Behauptung der Klägerin, dass diese ihm im Zusammenhang mit der fristlosen Kündigung an diesem Abend auf den angeblich fehlenden Betrag hingewiesen habe. Er habe erst durch das Schreiben der Klägerin vom 10.04.2014 davon erfahren.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätzen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Ein Anspruch auf Herausgabe der Tageseinnahmen in Höhe von 624,13 € hat die Klägerin nicht, weder aus Schadensersatzrecht noch aus entsprechender Anwendung des § 667 BGB, worauf sie sich in der zweiten Instanz ausschließlich noch stützt.

1. Zum Ersteren hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend auf § 619 a BGB hingewiesen. Danach hat abweichend von § 280 Abs. 1 BGB der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Ersatz für den aus der Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis...

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