Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 24.09.1996; Aktenzeichen 1 Ca 620/96)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 24.09.1996 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bonn – 1 Ca 620/96 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Streitwert: unverändert.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung vom 07.02.1996. Das beklagte Gebäudereinigungsunternehmen hat sie ausgesprochen, weil die Arbeitserlaubnis der bei ihr seit Januar 1992 als Reinigungskraft beschäftigten kroatischen Klägerin nach mehrfacher Verlängerung mit dem 02.02.1996 abgelaufen war. Dieser Umstand sollte nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien zum automatischen Erlöschen des Arbeitsverhältnisses ohne vorherige Kündigung führen.

Von der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird abgesehen, § 543 Abs. 1 ZPO.

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter unter Berufung darauf, daß die Klägerin nach Ablauf der letzten Arbeitserlaubnis ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung und ohne Duldungsbescheid des Ausländeramtes gewesen sei, auf Grund deren das Arbeitsamt eine neue Arbeitserlaubnis hätte erteilen können. Der Arbeitsplatz der Klägerin in einem Krankenhaus habe aus hygienischen Gründen sofort besetzt werden müssen, wobei täglich die Abschiebung der Klägerin habe erfolgen können. Außerdem beruft sich die Beklagte erneut auf die vertraglich vereinbarte auflösende Bedingung: Bei früherem Bedingungseintritt im Arbeitsverhältnis mit der Klägerin sei dieses anschließend stets neu begründet worden.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Berufung und verweist auf den unstreitigen Umstand, daß das Arbeitsamt schon am 22.02.1996 ihre Arbeitserlaubnis verlängert hat. Außerdem bestreitet die Klägerin eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, die zu den Akten gereichten Urkunden sowie ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist nicht begründet. Die angegriffene Entscheidung ist zu Recht ergangen. Der Kündigungsschutzklage war stattzugeben; sie ist begründet. In der Begründung folgt das Gericht der angefochtenen Entscheidung, weshalb insoweit von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen wird. Die Gründe halten auch den Angriffen der Berufung stand:

Der bloße Ablauf einer notwendigen Arbeitserlaubnis als solcher rechtfertigt an sich noch keine Kündigung eines seit längerem vollzogenen Arbeitsverhältnisses – es sei denn, ein Warten auf ihre Verlängerung ist für den Arbeitgeber aus besonderen Gründen (z. B. der Arbeitsplatz muß besetzt werden, und die Verlängerung ist nicht in Sicht) nicht zumutbar. Denn nach Ablauf einer Arbeitserlaubnis sind die Interessen des Arbeitgebers zunächst einmal durch ein einstweiliges Ruhen des Arbeitsverhältnisses gewahrt. Das Fehlen einer Arbeitserlaubnis führt nämlich nur zu einem Beschäftigungsverbot, nicht zu einem Vertragsverbot (§ 19 Abs. 1 Satz 6 AFG). Beschäftigungsverbote aber sind im Arbeitsrecht in vielen Erscheinungsformen bekannt (z. B. §§ 3 ff. MSchG, §§ 2 und 10 Bundesärzteordnung), ohne daß sie bereits als solche und ohne weiteres als Kündigungsgründe anerkannt würden – v.a. wenn sie erst im Laufe eines bereits praktizierten Arbeitsverhältnisses auftreten (BAG, Urteil vom 13.01.1977 – 2 AZR 423/75 in AP Nr. 2 zu § 19 AFG; Urteil vom 07.02.1990 – 2 AZR 359/89 in AP Nr. 14 zu § 1 KSchG 1969 – Personenbedingte Kündigung). Denn der Arbeitgeber kann die Beschäftigung unterlassen, ohne Nachteile im Austauschverhältnis befürchten zu müssen: Während eines bestehenden Beschäftigungsverbotes kommt er nämlich trotz Ablehnung der angebotenen Arbeitsleistung nicht in Annahmeverzug (BAG, Urteil vom 06.03.1974 – 5 AZR 313/73 in AP Nr. 29 zu § 615 BGB). Die Grenze ist erst da zu ziehen, wo ein Warten auf die Erteilung (Verlängerung) der Arbeitserlaubnis für den Arbeitgeber aus anderen Gründen unzumutbar wird – z. B. weil er den Arbeitsplatz nicht ohne erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen offenhalten kann und mit der Erteilung der Erlaubnis in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist (BAG, Urteil vom 13.01.1977 – 2 AZR 423/75 in AP Nr. 2 zu § 19 AFG; Urteil vom 07.02.1990 – 2 AZR 359/89 in AP Nr. 14 zu § 1 KSchG 1969 – Personenbedingte Kündigung). Hiervon kann vorliegend keine Rede sein:

Zwar behauptet die Beklagte, der Arbeitsplatz der Klägerin in einem Krankenhaus habe aus hygienischen Gründen sofort besetzt werden müssen. Der Vortrag ist aber weder hinreichend substantiiert noch nachvollziehbar: Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, daß die Beklagte in der Lage ist, kurzfristige Ausfälle der Klägerin zu überbrücken; jedenfalls muß sie dafür Vorsorge treffen, wei...

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