Entscheidungsstichwort (Thema)

Nebenintervention. Betriebsübergang. einheitliche Berufung. Rechtsmittelfristen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Nichtanwendung von § 69 ZPO auf den Rechtsnachfolger nach § 265 Abs. 2 S. 3 ZPO verstößt nicht gegen Art. 103 Abs. 1 GG.

2. Auch der Betriebsnachfolger ist nicht streitgenössischer Nebenintervenient in einem zwischen einem Arbeitnehmer und dem Betriebsveräußerer bereits anhängigen Rechtsstreit.

3. Reichen sowohl die Hauptpartei als auch der einfache Nebenintervenient Rechtsmittelschriften ein, so handelt es sich um ein einheitliches Rechtsmittel, das der Nebenintervenient nicht gegen den ausdrücklichen Willen der Hauptpartei fortführen darf.

4. Nimmt die Hauptpartei die Berufung zurück, so liegt darin noch kein Widerspruch gegen die Fortführung des Rechtsstreits durch den Nebenintervenienten.

5. Die Rechtsmittelfristen der Hauptpartei gelten auch für den einfachen Nebenintervenient.

 

Normenkette

ZPO §§ 67, 69, 265 Abs. 2 S. 3; BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 07.11.2008; Aktenzeichen 5 Ca 6345/08)

 

Tenor

1. Die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 7. November 2008 – 5 Ca 6345/08 – wird als unzulässig verworfen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte, soweit sie bis zu ihrer Berufungsrücknahme entstanden sind, und die Nebenintervenientin, soweit sie ab der Berufungsrücknahme der Beklagten entstanden sind.

3. Die Revisionsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

Gründe:

I. Die Parteien und die Nebenintervenientin streiten über den Umfang der vertraglichen monatlichen Arbeitszeit.

Durch Urteil vom 7. November 2008 hat das Arbeitsgericht Köln die Beklagte verurteilt, das Angebot des Klägers vom 12. März 2008 anzunehmen, mit sofortiger Wirkung die monatliche Arbeitszeit auf 173 Stunden zu verlängern.

Das Urteil ist der Beklagten am 25. Februar 2009 zugestellt worden. Eine Zustellung des Urteils an die Nebenintervenientin, die dem Rechtsstreit mit am 28.Januar 2009 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Schriftsatz beigetreten ist, erfolgte nicht. Die Nebenintervenientin ist mit Wirkung zum 1. Januar 2009 Betriebsnachfolgerin der Beklagten.

Die Beklagte hat am 23. März 2009 Berufung gegen das Urteil eingelegt. Auf ihren Antrag ist die Berufungsbegründungsfrist bis zum 25. Mai 2009 verlängert worden. Nachdem sie auf die Versäumung der verlängerten Berufungsbegründungsfrist hingewiesen worden ist, hat sie am 17. Juni 2009 die Rücknahme der von ihr eingelegten Berufung erklärt.

Die Nebenintervenientin hat mit Schriftsatz vom 13. Mai 2009 Berufung gegen das Urteil eingelegt und gleichzeitig gerügt, dass ihr das Urteil nicht zugestellt worden sei. Sie ist der Ansicht, aus diesem Grund habe der Lauf der Berufungsfrist für sie nicht begonnen. Sie sei streitgenössische Nebenintervenientin. Mit einem am 23. Juli 2009 beim Landesarbeitsgericht Köln eingegangenen Schriftsatz hat sie die Berufung begründet.

Der Kläger ist der Ansicht, die Berufung der Nebenintervenientin sei unzulässig.

Das Landesarbeitsgericht hat mit Schreiben vom 2. Juli 2009 die Parteien und die Nebenintervenientin darauf hingewiesen, es sei beabsichtigt, die einheitliche Berufung der Beklagten und der Nebenintervenientin als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht fristgerecht begründet worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die (einheitliche) Berufung der Beklagten und der Nebenintervenientin ist gemäß § 66 Abs. 2 S. 2 ZPO i. V. m. § 522 Abs. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss des Vorsitzenden zu verwerfen, weil sie nicht fristgerecht begründet worden ist.

Das Berufungsgericht hat bereits mit Schreiben vom 2. Juli 2009 die Parteien und die Nebenintervenientin auf die Rechtslage hingewiesen.

1. Die Nebenintervenientin beteiligt sich als Betriebsnachfolgerin der Beklagten an dem Rechtsstreit. Es handelt sich um eine einfache Nebenintervention im Sinne des § 66 ZPO und nicht um eine streitgenössische im Sinne des § 69 ZPO. Dies ergibt sich aus einer analogen Anwendung von § 265 Abs. 2 S. 3 ZPO.

a. § 265 ZPO regelt, welche Bedeutung die Veräußerung eines streitbefangenen Gegenstandes auf den Prozess hat. Dabei ist unter „Veräußerung” jede Rechtsnachfolge eines Dritten, gleichgültig ob gewillkürt, kraft Hoheitsakts oder kraft Gesetzes, unmittelbar oder als Folge eines anderen rechtlichen Vorgang zu verstehen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2002 – V ZR 97/01 –; Zöller-Greger, ZPO, 27. Aufl., § 265 Rdn. 5) Die Vorschrift bezweckt, den Gegner des Veräußerers zu schützen. Der Veräußerer soll sich nicht durch Verfügungen über die streitbefangene Sache oder über den streitbefangenen Anspruch seiner Sachlegimitation begeben und damit den Gegner zu einem neuen Prozess gegen den Rechtsnachfolger nötigen dürfen (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 27. Aufl., § 265 Rdn. 1). Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen...

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