Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordentliche krankheitsbedingte Kündigung. Kündigung wegen dauernder Leistungsunfähigkeit. Kündigung wegen langanhaltender Erkrankung. fehlendes betriebliches Eingliederungsmanagement. Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf anderen leidensgerechten Arbeitsplätzen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die dauernde krankheitsbedingte Unfähigkeit, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, kann eine ordentliche fristgerechte Kündigung rechtfertigen. Aufgrund der Erkrankung steht nämlich bereits fest, dass der Mitarbeiter niemals mehr in der Lage sein wird, die von ihm geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, insoweit ist das arbeitsrechtliche Austauschverhältnis praktisch auf Dauer gestört.

2. Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX ist keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer Kündigung. Ein fehlendes betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX führt nicht per se zur Unwirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2; SGB IX § 84 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Urteil vom 06.09.2007; Aktenzeichen 4 Ca 2029/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 06.09.2007 – 4 Ca 2029/06 – abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 14.08.2006 nicht beendet worden ist.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung.

Die am 20.03.1966 geborene Klägerin ist ledig. Sie ist ausgebildete Ökotrophologin.

Seit dem 06.06.1978 ist die Klägerin bei der Beklagten, die Armaturen herstellt und mehr als 5 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt, tätig. Zunächst wurde die Klägerin als Montagearbeiterin beschäftigt. Aufgrund eines schriftlichen Einstellungsvertrages vom 28.04.1995 (Bl. 211 ff d.) wurde sie ab dem 01.06.1995 in das Angestelltenverhältnis übernommen und unter Eingruppierung in die Tarifgruppe K 2, 1. Beschäftigungsjahr, des Gehaltsrahmenabkommens in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens im Einkauf eingesetzt.

In Ziffer 2. des Arbeitsvertrages vom 28.04.1995 war u.a. vereinbart:

Die Arbeitnehmerin hat seine ganze Arbeitskraft dem Arbeitgeber zu widmen. Diese Verpflichtung erstreckt sich auch darauf, den Fähigkeiten entsprechende anderweitige Aufgaben, eventuell auch nur vertretungsweise und eventuell auch für kurze Zeit an einem anderen Ort bei gleicher Vergütung zu übernehmen.

Im Rahmen ihrer Beschäftigung im Einkauf war die Klägerin im Wesentlichen mit der Prüfung der Eingangsrechnungen, der Stammdatenpflege und der Beschaffung sämtlicher Büroartikel betraut. Auf den weiteren Inhalt der Stellenbeschreibung (Bl. 243 d.A.) wird Bezug genommen.

Zum 01.06.1998 wechselte die Klägerin in die Finanzbuchhaltung und übernahm dort die Tätigkeit als Sachbearbeiterin Kreditoren. Auf die Stellenbeschreibung der Klägerin in der Finanzbuchhaltung (Bl. 269 d.A.) wird ebenfalls Bezug genommen.

Zum 01.11.2002 wurde die Klägerin mit Zustimmung des Betriebsrats (Bl. 217 d.A.) aufgrund organisatorischer Änderungen in der Finanzbuchhaltung in die Abteilung Fuhrparkmanagement versetzt. In dieser Abteilung erledigte die Klägerin folgende Aufgaben:

  • regelmäßige Pflege sämtlicher Listen im Fuhrparkmanagement,
  • regelmäßige Kontrolle der Leasingabläufe,
  • Rücknahme der Firmenfahrzeuge nach Ablauf der Leasingzeit,
  • Übergabe der neuen Fahrzeuge an die Nutzer,
  • Rechnungskontrolle

Im Jahre 2003 war die Klägerin an 25 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Im Jahre 2004 fehlte die Klägerin aufgrund Arbeitsunfähigkeit an 5 Arbeitstagen, im Jahre 2005 an 24 Arbeitstagen.

Im Jahre 2006 war die Klägerin am 09. und 10.02.2006 arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem 08.03.2006 ist sie fortdauernd arbeitsunfähig.

In der Zeit vom 08.03.2006 bis zum 14.03.2006 befand sie sich wegen Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck in stationärer Behandlung. Hintergrund der seit dem 08.03.2006 bestehenden Arbeitsunfähigkeit waren psychische Belastungen, die aus einem Konflikt zwischen der Klägerin und ihrem Vorgesetzten in der Abteilung Fuhrparkmanagement, dem Zeugen H6, herrühren. Die Beklagte leistete in der Zeit vom 08.03.2006 bis zum 18.04.2006 an die Klägerin Entgeltfortzahlung in Höhe von 1.875,53 Euro.

Mit Schreiben vom 14.06.2006 (Bl. 29 d.A.) und vom 06.07.2006 (Bl. 32 d.A.) bat die Beklagte die Klägerin zu einem Personalgespräch, um ihre weitere Einsatzmöglichkeit für die Zukunft zu prüfen. Mit Schreiben vom 21.06.2006 (Bl. 30 d.A.) bzw. 07.07.2006 (Bl. 34 d.A.) ließ die Klägerin anwaltlich mitteilen, dass sie derzeit aufgrund der gesundheitlichen Situation zur Führung eines Mitarbeitergespräches nicht imstande sei. Auf den entsprechenden Schriftverkehr wird Bezug genommen.

Am 29.06.2006 erteilte die Beklagte der Klägerin ein Zwischenzeug...

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