Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung eines im Betrieb absolvierten Praktikums auf die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG

 

Leitsatz (amtlich)

Absolviert ein Sozialhilfeempfänger auf Veranlassung des Trägers der Sozialhilfe im Rahmen einer berufspraktischen Qualifizierungsmaßnahme ein betriebliches Praktikum, für das eine Vergütung nicht gezahlt wird und gewährt der Träger der Sozialhilfe weiterhin Leistungen zum Lebensunterhalt, so wird durch den mit dem Unternehmen abgeschlossenen Praktikumsvertrag ein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts nicht begründet. Dies folgt aus § 19 Abs. 3 BSHG in analoger Anwendung

 

Normenkette

BSHG § 18 ff.; KSchG § 1 Abs. 1; SGB III § 48 ff.; SGB III in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung § 229 ff.

 

Verfahrensgang

ArbG Hagen (Westfalen) (Urteil vom 06.02.2003; Aktenzeichen 3 Ca 2200/02)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 06.02.2003 – 3 Ca 2200/02 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung sowie über einen Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers.

Die Beklagte, die mehr als 5 Vollzeitarbeitskräfte beschäftigt, betreibt ein Unternehmen für die Herstellung von Verpackungen und Verpackungsteilen.

Der am 17.03.1956 geborene Kläger, der am 17.09.1980 die Prüfung zum Elektroanlageninstallateur abgelegt hat, in der Folgezeit entweder stets kurzfristig als Angestellter im erlernten Beruf oder als Angestellter oder Selbständiger in der Werbebranche tätig war, war aufgrund Arbeitsvertrages vom 31.05.2002 ab dem 29.05.2002 bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsverdienst von 1.278,00 EURO als Produktionshelfer tätig. Der Vertrag war befristet bis zum 31.12.2002. Nach § 2 des Vertrages galt die gesamte Vertragszeit als Probezeit mit einem 14-tägigen Kündigungsrecht für beide Parteien.

Vor Abschluss des Arbeitsvertrages hatte der Kläger in der Zeit vom 28.11.2001 bis 28.05.2002 an einer vom Hagener Forum Beschäftigung e. V. (HFB) durchgeführten berufspraktischen Qualifizierungsmaßnahme teilgenommen. Nach dem zwischen dem Kläger und dem Hagener Forum Beschäftigung unter dem 27.11.2001 geschlossenen Vertrag umfasste die Qualifizierung Theorie und Schulung im HFB (einmal pro Woche und ein Schulungsblock von 3 Schulungstagen) sowie eine berufspraktische Tätigkeit im Betrieb an den

übrigen Werktagen. Nach Ziff. 3. des Vertrages konnte der Vertrag aus wichtigen Gründen (z.B. Arbeitsaufnahme) jederzeit ohne Einhaltung von Kündigungsfristen aufgelöst werden. Unter Ziff. 4 hatten der Kläger und das HFB sich darauf geeinigt, dass der Kläger vom HFB ein Qualifizierungsgeld in Höhe von 300,00 DM pro Monat erhalten sollte. (Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf Bl. 16 d. A. Bezug genommen.) Im Rahmen der Theorie und Schulung bei dem HFB hat der Kläger im Wesentlichen eine Computerschulung absolviert; auch wurde er darin unterwiesen, wie Bewerbungsschreiben gefertigt werden.

Seine berufspraktische Tätigkeit hat er im Betrieb der Beklagten ausgeübt. Hierzu hatten der Kläger, das Hagener Forum Beschäftigung e.V. sowie die Beklagte ebenfalls unter dem 27.11.2001 auf einem Kopfbogen des HFB einen Praktikumsvertrag abgeschlossen, nach dessen Ziff. 3 Praktikumsinhalt die Ergänzung und Vertiefung der beim Bildungsträger erworbenen bzw. bereits vorhandenen Kenntnisse und Fertigkeiten durch praktische Arbeitsaufgaben nach Einarbeitungsplan waren. (Wegen der weiteren Einzelheiten des Praktikumsvertrages wird auf Bl. 17 und 46 d. A. Bezug genommen.) Während der berufspraktischen Tätigkeit bei der Beklagten hat der Kläger einfache Produktionsarbeiten ausgeführt, und zwar an den im Praktikumsvertrag vorgesehenen Arbeitsplätzen. Er wurde nach kurzer Einweisung stets dort eingesetzt, wo gerade jemand gebraucht wurde.

Ebenfalls unter dem 27.11.2001 hatte die Beklagte eine „Absichtserklärung” abgegeben, in welcher sie u.a. bestätigte, dass ihr Betrieb sich bei Zustandekommen der betrieblichen Trainingsmaßnahme zur Integration Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt durch den Verein Hagener Forum Beschäftigung e.V. (HFB) an der Maßnahme beteiligen würde.

Der Vertrag mit dem Hagener Forum Beschäftigung e. V. sowie der Praktikumsvertrag waren auf Veranlassung des Sozialamtes zustande gekommen. Dort war dem Kläger, der seit 1999 Sozialhilfe in Form der Hilfe zum Lebensunterhalt bezieht, gesagt worden, wenn er an der Maßnahme nicht teilnehme, müsse er mit einer Kürzung der Leistungen rechnen. Während der Zeit der berufspraktischen Qualifizierungsmaßnahme hat der Kläger dann weiterhin ungekürzt Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten; zudem hat ihm das Hagener Forum Beschäftigung ein Qualifizierungsgeld in Höhe von 150,00 EURO gezahlt.

Mit Schreiben vom 23.08.2002, das dem Kläger am gleichen Tage zugegangen ist, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis „während der Probezeit” z...

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