Entscheidungsstichwort (Thema)

Schutz Ersatzmitglied JAV. Übernahmeanspruch nach Ausbildung. Ersatzmitglied ohne konkrete Aufgaben. Befristeter Arbeitsvertrag und Weiterbeschäftigungsverlangen

 

Leitsatz (amtlich)

Ein in die Jugend- und Auszubildendenvertretung vorübergehend nachgerücktes Ersatzmitglied besitzt keinen nachwirkenden Schutz gemäß § 78a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BetrVG, wenn es während der Vertretungszeit keine konkreten JAV-Aufgaben wahrgenommen hat.

 

Normenkette

BetrVG §§ 78a, 70 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Entscheidung vom 20.11.2013; Aktenzeichen 5 Ca 1454/13)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 20.11.2013 - 5 Ca 1454/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um das Bestehen eines auf § 78a BetrVG gestützten unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnisses.

Die 1992 geborene Klägerin stand in der Zeit ab dem 01.09.2008 in einem Berufsausbildungsverhältnis als Mechatronikerin bei der U P GmbH. Das Ausbildungsverhältnis endete mit Bestehen der Abschlussprüfung am 31.01.2012.

Zuvor hatte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 15.11.2011 (Bl. 34 d. A.) mitgeteilt, "dass es nicht beabsichtigt ist, Sie nach Ende Ihrer Ausbildung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei der P AG zu übernehmen. Wir sind jedoch bereit, Sie im Anschluss an Ihre Ausbildungszeit in ein auf 12 Monate befristetes Arbeitsverhältnis bei der P AG zu übernehmen".

Mit Schreiben vom 23.01.2012 (Bl. 4 d. A.) beantragte die Klägerin bei der Beklagten "als gegenwärtig nächste Nachrückerin in die Jugend- und Auszubildendenvertretung ... gemäß § 78a Abs. 2 BetrVG die Übernahme in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis bei der P AG".

Einen Tag später am 24.01.2012 schlossen die Parteien sodann einen für die Zeit vom 01.02.2012 bis zum 31.01.2013 befristeten Arbeitsvertrag (Bl. 35 ff. d. A.). Mit zwei Änderungsverträgen vom 10.01.2013 (Bl. 39 d. A.) und 21.03.2013 (Bl. 40 d. A.) kam es zu Befristungsverlängerungen um weitere zwei und neun Monate, bevor das Arbeitsverhältnis durch Änderungsvertrag vom 03.02.2013 (Bl. 113 d. A.) gestützt auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG, bis zum 31.12.2014 verlängert wurde.

Nachdem die Klägerin zunächst fünftes Ersatzmitglied der bestehenden Jugend- und Auszubildendenvertretung (im Folgenden kurz: JAV) gewesen war, wurde sie infolge des Ausscheidens dreier Mitglieder im Juni 2011 das zweite Ersatzmitglied. Weil in den Monaten Oktober und November 2011 zwei weitere Mitglieder der JAV verhindert waren, rückte die Klägerin in dieser Zeit zum Vollmitglied auf, nahm aber an keinen Sitzungen der JAV teil.

Die Klägerin hat behauptet, nur auf Druck der Beklagten sei sie nicht zu den Sitzungen der JAV geladen worden. Davon abgesehen habe sie in den beiden Monaten diverse Amtsaufgaben wahrgenommen. So habe am 01.10.2011 im Zusammenhang mit der Aktion "Übernahme der IGM-Jugend in Köln" eine Demonstration stattgefunden, zu der sie als JAV-Mitglied die Teilnahme von Auszubildenden der Beklagten organisiert und auch selbst daran teilgenommen habe. Am 24.11.2011 habe seitens der JAV und weiterer Auszubildender eine Versammlung zur Forderung nach Übernahme der Auszubildenden mit einem Vertreter der Beklagten stattgefunden, die von ihr mit organisiert worden sei und bei der sie entsprechende Forderungen der Geschäftsleitung mitgeteilt habe. Schließlich habe sie auf Bitte der Mehrheit in der JAV den Auszubildenden T, der massiven antikommunistischen und homophoben Mobbingattacken ausgesetzt gewesen sei, begleitet und betreut sowie Gruppenbesuche namentlich in den Ausbildungsgruppen, in denen die Homophobie besonders massiv aufgetreten sei, durchgeführt.

Bei Abschluss der befristeten Arbeitsverträge habe sie immer erklärt, dass sie auf den mit Schreiben vom 23.01.2012 geltend gemachten Anspruch auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe und die Verträge deshalb nur unter Vorbehalt unterzeichne.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 01.02.2012 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, dass die Klägerin für Tätigkeiten in der JAV herangezogen worden sei. Namentlich sei sie im Zeitraum von Oktober bis November 2011 keinerlei Amtstätigkeiten nachgegangen.

Davon abgesehen sei es am 24.01.2012 zum vorbehaltlosen Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages gekommen, worin ein (konkludenter) Verzicht auf den zuvor geltend gemachten Übernahmeanspruch liege.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 20.11.2013 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin im relevanten Zeitraum Oktober/November 2011 keine Amtstätigkeiten als vorübergehend in die JAV aufgerücktes Mitglied wahrgenommen habe. So würden sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beklagte bewusst die unterbliebene Ladung zu Sitzunge...

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