Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds. Bedrohung von Mitarbeitern. Äußerungen im Rahmen einer erregten Auseinandersetzung. Arbeitsniederlegung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. In der neuen Amtsperiode eines Betriebsrats können Verstöße gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten, die sich in der früheren Amtsperiode ereignet haben, grundsätzlich nicht mehr durch ein Ausschlussverfahren geahndet werden.

2. Eine grobe Pflichtverletzung, die zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt, kann im Fall des Arbeitskampfes nur bei einem schweren Verstoß des Betriebsrats gegen die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis in Betracht kommen, etwa bei herausgehobener Kampfbeteiligung als Kampfführer oder Organisator oder bei besonderen Exzesshandlungen.

 

Normenkette

BetrVG § 103; KSchG § 15 Abs. 1; BGB § 241 Abs. 2, § 626

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Beschluss vom 10.04.2006; Aktenzeichen 4 BV 64/04)

ArbG Bochum (Teilbeschluss vom 13.01.2006; Aktenzeichen 4 BV 64/04)

 

Nachgehend

BAG (Entscheidung vom 29.03.2007; Aktenzeichen 9 ABN 24/07)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Teilbeschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 13.01.2006 – 4 BV 64/04 – wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde der Arbeitgeberin und der Beteiligten zu 4. gegen den Schluss-Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 10.04.2006 – 4 BV 64/04 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. sowie um den Ausschluss des Beteiligten zu 3. aus dem Betriebsrat.

Die Arbeitgeberin betreibt in B1xxxx eine Automobilfertigung und stellt im Werk B1xxxx, in dem ca. 9.600 Mitarbeiter beschäftigt sind, Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile her.

Im Werk B1xxxx besteht für die Arbeitgeberin, die Beteiligte zu 1., und die G1xxxxx M3xxxx P1xxxxxxxx GmbH, die Beteiligte zu 4., mit der die Arbeitgeberin einen gemeinsamen Betrieb bildet, ein gemeinsamer, aus beiden Betrieben gewählter Betriebsrat, dem 37 Personen angehören.

Der Beteiligte zu 3., geboren am 21.03.1970, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seit dem 01.09.1986 war er zunächst als Auszubildender für den Beruf des Maschinenschlossers, und seit seiner Übernahme als Jugendfacharbeiter seit dem 16.06.1989 aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 10.06.1989 (Bl. 54 d.A.) bei der Arbeitgeberin, der Beteiligten zu 1., bzw. bei deren Rechtsvorgängerin beschäftigt.

Nachdem der Beteiligte zu 3. früher Jugendvertreter und Ersatzmitglied im Betriebsrat gewesen ist, ist er seit 2002 ordnungsgemäß gewähltes Betriebsratmitglied, in dieser Funktion freigestellt, sowie Mitglied der vom Betriebsrat gebildeten Personalkommission.

Am 14.10.2004 kündigte G1xxxxx M3xxxx, die Konzernobergesellschaft der Arbeitgeberin, an, Personaleinsparungen in einer Größenordnung von ca. 10.000 Mitarbeitern in Deutschland zu planen und durchzuführen. Daraufhin kam es im Werk B1xxxx zu spontanen Arbeitsniederlegungen. Seit dem Mittag des 14.10.2004 ruhte die Produktion im Werk B1xxxx, die Mittagsschicht nahm die Arbeit schon nicht mehr auf. Der Betriebsrat, der Beteiligte zu 2., trat nach der Bekanntgabe der Zahlen über die geplanten Personaleinsparungen in Deutschland am 14.10.2004 zu einer Sitzung zusammen.

Noch am 14.10.2004 sowie an den darauffolgenden Tagen fanden im Werk B1xxxx „Informationsveranstaltungen” statt, auf denen die Mitarbeiter über die geplanten Personaleinsparungen unterrichtet wurden.

In der Nachtschicht vom 14./15.10.2004 wurden ca. 26 Mitarbeiter der „Cockpit-Linie” (Arbeiten an Armaturenbrettern) gegen 0.15 Uhr im Pausenraum durch ihren betrieblichen Vorgesetzten, den Meister T2xxxx L1xxxx über Einzelheiten der Ankündigung von G1xxxxx M3xxxx informiert. Nach einer Diskussion darüber, ob auch sie die Arbeiten niederlegten, erschien eine Gruppe von ca. 150 Mitarbeitern, die die Arbeit niedergelegt hatten. In vorderer Reihe ging der Beteiligte zu 3.. Begleitet wurde diese Gruppe von einem Kamerateam des WDR. Es kam daraufhin zu einem Gespräch zwischen den „Streikenden” und den arbeitswilligen Mitarbeitern der „Cockpit-Linie”. Im Laufe der zwischen den Gruppen geführten Diskussion wurde dem Beteiligten zu 3. ein Megaphon übergeben, der dazu aufrief, die Arbeit niederzulegen, weil der Personalabbau jeden der Anwesenden treffen könne. Auf die Fotografien (Bl. 170 ff.d.A.) wird Bezug genommen.

Es entstand daraufhin eine heftige Diskussion, u.a. auch mit dem Meister der Arbeitsgruppe „Cockpit-Linie”, T2xxxx L1xxxx. Im Laufe dieser Diskussion wies der Beteiligte zu 3. unstreitig auch auf seine Mitgliedschaft in der Personalkommission des Betriebsrats hin. Ob der Beteiligte zu 3. im Laufe der Diskussion Mitarbeiter, die arbeitswillig waren, anlässlich der Auseinandersetzung über Megaphon damit gedroht hat, er würde sich ihre Gesichter schon merken, er werde mit darüber entscheiden, wer – als Erster – en...

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