Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung bei der Übertragung von Unternehmerpflichten des Arbeitsschutzgesetzes auf die Arbeitnehmergruppe der Meister

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Übertragung von Unternehmerpflichten des Arbeitsschutzgesetzes auf die Arbeitnehmergruppe der Meister ist nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitbestimmungspflichtig.

2. Die öffentlich-rechtliche Rahmenvorschrift, die der Arbeitgeberin Handlungsspielräume eröffnet, ist § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG; die Regelung gehört zum öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz, weil sie den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern Handlungspflichten auferlegt, die allenfalls mittelbar in die Arbeitsverhältnisse einwirken und ihren Geltungsgrund darin haben, dass der Staat von den Normunterworfenen ein Verhalten verlangt.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 7; ArbSchG § 3 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 24.02.2011; Aktenzeichen 29 BV 26/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24. Februar 2011 (29 BV 26/10) abgeändert und festgestellt, dass die Übertragung der Aufgaben nach den §§ 3 bis 14 ArbSchG durch Schreiben der Beteiligten zu 2 vom 16. September 2010 auf die Gruppe der Meister der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Ziffer 7 BetrVG unterliegt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Betriebsrat begehrt die Feststellung, dass die Übertragung von Unternehmerpflichten gemäß §§ 3 bis 14 des Arbeitsschutzgesetzes auf die Arbeitnehmergruppe der Meister der Mitbestimmung des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Ziffer 7 BetrVG unterliegt.

Mit Schreiben vom 16. September 2010 (Anlage A 1 zur Antragsschrift) teilte die Beteiligte zu 2, in deren Hamburger Betrieb der antragstellende Betriebsrat gebildet worden ist, den bei ihr tätigen sechs Meistern mit, dass ihnen die Unternehmerpflichten hinsichtlich des Arbeits- und Umweltschutzes übertragen würden. Unter anderem wurden dabei die Aufgaben nach §§ 3 bis 14 Arbeitsschutzgesetz genannt. Der Betriebsrat wurde zuvor nicht beteiligt.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass die Beteiligte zu 2 mit der Übertragung der Pflichten auf die Meister eine organisatorische Maßnahme nach § 3 Abs. 2 Ziffer 1 ArbSchG getroffen habe, an der er zu beteiligen gewesen wäre.

Der Betriebsrat hat beantragt,

festzustellen, dass die Übertragung von Unternehmerpflichten gem. §§ 3 bis 14 des Arbeitsschutzgesetzes auf die Arbeitnehmergruppe der Meister der Mitbestimmung des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Ziffer 7 BetrVG unterliegt.

Die Beteiligte zu 2 hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 2 hat die Auffassung vertreten, dass dem Betriebsrat bei der Aufgabenübertragung kein Mitbestimmungsrecht zustehe.

Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Beschluss vom 24. Februar 2011 den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten des Beschlusses wird auf Bl. 21 bis 30 d.A. verwiesen. Gegen diesen Beschluss, der dem Betriebsrat am 21. März 2011 zugestellt wurde, hat er mit Schriftsatz vom 18. April 2011, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am selben Tage, Beschwerde eingelegt und zugleich die Verlängerung der Frist zur Begründung der Beschwerde bis zum 21. Juni 2011 beantragt. Durch Beschluss vom 28. April 2011 hat das Landesarbeitsgericht diesem Antrag stattgegeben. Der Betriebsrat hat die Beschwerde mit Schriftsatz vom 21. Juni 2011, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am selben Tage, begründet.

Der Betriebsrat meint, dass ihm ein Mitbestimmungsrecht zustehe. Dieses folge sowohl daraus, dass es sich bei der Übertragung der Aufgaben auf die Meistergruppe um eine organisatorische Maßnahme handele, die nach § 3 Abs. 2 ArbSchG getroffen werde und nach § 87 Abs. 1 Ziffer 7 BetrVG der Beteiligung des Betriebsrats bedürfe. Dessen Zustimmung sei außerdem erforderlich, weil die Meister selbst der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegende Maßnahmen vornehmen sollten. Dabei sei Gegenstand der Mitbestimmung auch die Präzisierung der Aufgaben, die von den Meistern erfüllt werden sollten.

Der Betriebsrat beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24. Februar 2011 - 29 BV 26/10 - festzustellen, dass die Übertragung von Unternehmerpflichten gem. §§ 3 - 14 ArbSchG mit Anschreiben vom 16. September 2010 auf die Arbeitnehmergruppe der Meister der Mitbestimmung des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG unterliegt.

Die Beteiligte zu 2 beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie meint, dass kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehe.

II. Die Beschwerde istzulässig und begründet.

1) Die Beschwerde ist zulässig. Gemäß §§ 87 Abs. 1 ArbGG ist sie statthaft. Sie ist im Sinne der §§ 87 Abs. 2, 64 Abs. 6, 66 Abs. 1, 89 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden.

2) Die Beschwerde ist begründet, weil der Antrag zulässig und begründet ist.

a) Der Antrag ist zulässig.

Die Voraussetzungen eines Feststellungantrages sind gegeben. Ein Feststellungsantrag ist möglich beim Str...

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