Leitsatz (amtlich)

1) Tritt eine BGB-Gesellschaft mit über 200 Gesellschaftern als „Ärztliche Arbeitsgemeinschaft …-Ost” auf und nimmt sie unter diesem Namen am Rechtsleben teil – z.B. dadurch, daß sie Arbeitsverträge abschließt, Kündigungen ausspricht etc. –, so ist sie als sog. BGB-Außengesellschaft aktiv und passiv parteifähig.

2) Auch Lohn- und Gehaltsansprüche können im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden, wenn der Anspruchsteller eine existentielle Notlage glaubhaft macht.

Das Landesarbeitsgericht Bremen folgt jedoch der Rechtsprechung, die die Höhe des Anspruchs auf den Betrag des pfändungsfreien Einkommens begrenzt. Ob der Arbeitnehmer sich im Fall von Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit grundsätzlich auf Ansprüche gegen die Krankenkasse verweisen lassen muß, bleibt unentschieden. Jedenfalls ist ein solcher Anspruch nicht vorgreiflich, wenn der Arbeitnehmer nur wenige Tage eines Monats, für den der Gehaltsanspruch geltend gemacht wird, arbeitsunfähig erkrankt war.

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen (Urteil vom 18.11.1997; Aktenzeichen 3 Ga 94/97)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 18.11.1997 – Az.: 3 Ga 94/97 – teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 1.679,99 netto zu zahlen

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt jede Partei 1/2

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte insoweit, als der Rechtsstreit in der Berufungsinstanz durch Urteil entschieden wurde.

 

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin macht mit der einstweiligen Verfügung Zahlungsansprüche auf pfändungsfreie Beträge aus Gehaltszahlungen für die Monate November und Dezember 1997 geltend.

Die Verfügungsklägerin ist seit dem 20.01.1988 als MTA bei der Verfügungsbeklagten beschäftigt. Sie erhielt eine Bruttovergütung von DM 4.137,13 bei 13 Monatsgehältern. Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 07.08.1996, wegen dessen Inhalt auf Bl. 64 ff. d. A. verwiesen wird.

Mit Schreiben vom 23.04.1997 kündigte die Verfügungsbeklagte, eine BGB-Gesellschaft, die durch zwei ihrer Mitglieder vertreten wird, das Arbeitsverhältnis aus krankheitsbedingten Gründen zum 30.06.1997.

Gegen die ausgesprochene Kündigung erhob die Verfügungsklägerin rechtzeitig Kündigungsschutzklage, die beim Arbeitsgericht Bremen unter dem Az.: 3 Ca 3209/97 anhängig ist.

Nach erfolgloser Güteverhandlung schrieb die Verfügungsbeklagte an die Verfügungsklägerin unter dem 20.06.1997 folgendes:

„Sehr geehrte Frau

im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses mit dem Geschäftszeichen 3 Ca 3209/97 begehren Sie unter anderem die Weiterbeschäftigung

Wir fordern Sie hiermit auf, Ihre Tätigkeit ab dem 01.07.1997 bis zum Ende des Rechtsstreits fortzusetzen.

Wir erwarten Sie an diesem Tag pünktlich um 10.00 Uhr um Ihren Dienst anzutreten

Ihre Arbeitszeit beträgt täglich 7,70 Stunden. Bitte halten Sie Arbeits- und Pausenzeiten strikt ein.

…”

Die Verfügungsklägerin erbrachte daraufhin auch nach dem 30.06.1997 Arbeitsleistungen für die Verfügungsbeklagte.

Die Verfügungsbeklagte rechnete jedoch seit dem 01.07.1997 das Gehalt der Verfügungsklägerin nicht mehr zu den bisherigen Bedingungen ab, sondern lediglich auf Stundenbasis und nur für tatsächlich geleistete Arbeit. Arbeitsunfähigkeitszeiten wurden nicht vergütet.

Im November 1997 hat die Verfügungsklägerin von der Verfügungsbeklagten keinen Lohn erhalten. Die Verfügungsklägerin war im November 1997 sechs Tage krankgeschrieben

Die Verfügungsklägerin hat sich zur Begründung des Klaganspruchs auf eine wirtschaftliche Notlage berufen. In ihrer eidesstattlichen Versicherung hat sie erklärt, daß sie außer den Zahlungen, die sie von der Ärztlichen Arbeitsgemeinschaft erhält, keinerlei weitere Einkünfte erzielt. Dem Betrieb ihres Ehemannes gehe zur Zeit außerordentlich schlecht, er mache Verluste und erziele keine Gewinne. Bis 30.09.1997 habe der Verlust DM 51.884,33 betragen. Die Verfügungsklägerin hat ferner eidesstattlich versichert, daß sie von ihrem Ehemann keine zusätzlichen Unterhaltsleistungen erziele, sondern für seinen Unterhalt zu sorgen habe.

Die Verfügungsklägerin hat in der ersten Instanz beantragt:

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, an die Antragstellerin bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren, Az.: 3 Ca 3209/97, für die Monate November und Dezember 1997 ein Arbeitsentgelt in Höhe von DM 1.679,99 netto zu zahlen.

Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte hat vorgetragen,

aufgrund des Weiterbeschäftigungsbegehrens der Verfügungsklägerin sei ein faktisches Arbeitsverhältnis entstanden. Es sei lediglich Entgelt für effektiv geleisteten Arbeitsstunden zu zahlen. Für die Entgeltfortzahlung sei die Krankenkasse zuständig gewesen.

Das Arbeitsgericht Bremen hat durch Urteil vom 18.11.1997 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Verfügungsklägerin auferlegt.

Dieses Urteil wurde der Verfügungsklägerin am 20.11.1997 zugestellt. Die Verfügungsklägerin hat mit einem ...

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