rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

nachträgliche Klagezulassung. Mitteilungspflicht bei länger anhaltender Krankheit. Aufenthalt im Inland. Verschulden. Zugang der Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage bei längerer krankheitsbedingter Abwesenheit, keine Verpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber auch im Inland während einer Krankheit den Aufenthaltsort bekannt zu geben.

1) Das Landesarbeitsgericht Bremen hält diese Auffassung des LAG Niedersachsen (LAGE § 4 KSchG Nr. 48), aus § 5 Abs. 1 EntgeltfortzG folge die Pflicht des Arbeitnehmers bei einer langandauernden Krankheit dem Arbeitgeber auch im Inland den Aufenthaltsort mitzuteilen, für unzutreffend.

Es schließt sich vielmehr der Auffassung des LAG Köln (LAGE § 5 KSchG Nr. 106a) und des LAG Berlin (LAGE § 4 KSchG Nr. 46) an, wonach eine Mitteilungspflicht bzgl. des inländischen Aufenthaltsortes auch bei längeren Erkrankungen nicht besteht.

2) Der Arbeitnehmer, der einem Freund den Auftrag gibt, seinen Briefkasten während seiner krankheitsbedingten Abwesenheit vom Wohnort zu leeren, aber nur Behördenpost zu öffnen und ihm deren Inhalt am Telefon vorzulesen, alle anderen Briefe aber ungeöffnet in der Wohnung zu sammeln, verletzt seine nach § 5 KSchG ihm zuzumutende Sorgfaltspflicht; den Arbeitnehmer trifft ein Verschulden an der verspäteten Klagerhebung, wenn während seiner Abwesenheit ein Kündigungsschreiben per Einwurfeinschreiben eingeht, dieses dem Briefkasten von einem Beauftragten entnommen aber nicht geöffnet wird und erst nach seiner Rückkehr nach Ablauf der Dreiwochenfrist Klage erhoben wird.

 

Normenkette

KSchG §§ 4-5; EntgeltfortzG § 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen (Beschluss vom 30.03.2005; Aktenzeichen 1 Ca 1658/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 30.03.2005 – Az.: 1 Ca 1658/04 – wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.

Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist seit dem 11.05.1998 bei der Beklagten als Helfer mit einem durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalt von ca. EUR 2.800,– beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wurde mit Schreiben vom 25.10.2004 von der Beklagten zum 31.01.2005 gekündigt. Das entsprechende Einwurfeinschreiben wurde am 26.10.2004 in den Hausbriefkasten des Klägers durch den Briefträger eingeworfen.

Der Kläger ist seit Beginn des Jahres 2005 arbeitsunfähig erkrankt. Er befand sich vom 02.08.2004 bis einschließlich zum 06.09.2004 zu einer Kur in der Rehaklinik …W., die auf Grund einer Bandscheibenoperation, der der Kläger sich unterziehen musste, erforderlich war.

Nach seinem – von der Beklagten bestrittenen – Vortrag befand sich der Kläger vom 06.09.2004 bis einschließlich zum 09.12.2004 bei Frau H. V. in der H. Straße in Be. zur Pflege, da er auf Grund seiner Schmerzen nicht in der Lage war, seinen Haushalt in B. allein zu führen.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe erst am 09.12.2004 das Kündigungsschreiben vom 25.10.2004 vorgefunden. Den Schlüssel zu seiner Wohnung habe die ganze Zeit Herr P. F. F. gehabt. Er habe Herrn F. angewiesen, wenn ein Brief von der Behörde komme, in diesem Fall vom Versorgungsamt, solle er ihn informieren. Dies habe Herr F. bezüglich eines Briefes vom Versorgungsamt vom 15.11.2004 auch getan. Daraufhin habe er ihn gebeten, den Brief sofort an seinen Arzt zu schicken. Auch dies habe Herr F. ausgeführt. Die restliche Post habe er selber bearbeiten wollen, wenn er wieder zu Hause sei. Dass eine Kündigung komme, habe er nicht ahnen können. Herr F. habe die ganze Post auf einem Stapel bei ihm zu Hause gesammelt, wie er ihn auch gebeten habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen.

Die Beklagte hat beantragt,

den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage zurückzuweisen.

Die Beklagte hält den Kläger für verpflichtet, während seiner Abwesenheit sicherzustellen, dass ihn an ihn gerichtete Post auch erreichen kann. Darüber hinaus habe die Beklagte ein an den Kläger gerichtetes Schreiben des Versorgungsamts B. am 29.11.2004 erreicht. Dieses Schreiben trage das Datum vom 15.11.2004, so dass der Kläger während dieser Zeit die Möglichkeit gehabt habe, die Post in Empfang zu nehmen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Der erstinstanzliche Beschluss wurde dem Kläger am 1. April 2005 zugestellt. Die sofortige Beschwerde des Klägers ging am 12. April 2005 beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven ein.

2. Die Beschwerde hatte in der Sache keinen Erfolg.

a) Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung auch des Bundesarbeitsgerichts ist die Kündigungserklärung dann zugegangen, wenn der Arbeitgeber ein Kündigungsschreiben an die Wohnanschrift des urlaubs-, krankheit...

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