2.1 Erlasskompetenz

 

Rz. 4

Unfallverhütungsvorschriften sind als "autonomes Recht" nach § 33 Abs. 1 SGB IV von der Vertreterversammlung zu erlassen. Die Genehmigung nach Abs. 4 sowie die Veröffentlichung (§ 34 Abs. 2 SGB IV) sind weitere Wirksamkeitsvoraussetzungen. Materiell sind Unfallverhütungsvorschriften (UVV) unmittelbar wirkendes Recht sowohl für die Betriebe, die als Mitglieder der die jeweilige Unfallverhütungsvorschrift erlassenden Berufsgenossenschaft angehören, als auch für die außerhalb der Mitgliedschaft stehenden Betriebe und Personen nach § 16.

2.2 Gesetzeskonkurrenz

 

Rz. 5

Zu den Regelungen der EU bestehen Überschneidungen. Arbeitsschutzrichtlinien der EU sind zwingendes Recht. Solange sie nicht in nationales Recht umgesetzt worden sind, entfalten sie unmittelbares Recht (zur Bildschirmrichtlinie vgl. BAG, Beschluss v. 2.4.1996, 1 ABR 47/95).

Dabei sind die EU-Richtlinien als Mindestnormen zu verstehen; Abweichungen zugunsten verschärfter Sicherheit sind durch Unfallverhütungsvorschriften möglich.

2.3 Regelungsgegenstände von UVV

 

Rz. 6

Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 enthalten eine Zusammenfassung von Regelungsbereichen, die Gegenstand von UVV sein können. Gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 dürfen UVV erlassen werden hinsichtlich der Einrichtungen, Anordnungen und Maßnahmen, welche die Unternehmer zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren zu treffen haben. Diese UVV richten sich unmittelbar an Unternehmer, an vertretungsberechtigte Organe, Gesellschafter, gesetzliche Vertreter und leitende Angestellte von Unternehmen. In großen Unternehmen müssen diese Pflichten entsprechend übertragen werden. Gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 können UVV das Verhalten der Versicherten zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren regeln und ihnen unmittelbar Pflichten auferlegen (z. B. Schutzbrillen, Atemschutzmasken, Sicherheitsschuhe zu tragen). Der Unternehmer ist verpflichtet, die Versicherten zur Einhaltung der UVV durch betriebliche Anordnungen zu verpflichten, sie darüber zu belehren und deren Einhaltung zu überwachen. Gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 können UVV vom Unternehmer zu veranlassende arbeitsmedizinische Untersuchungen und sonstige arbeitsmedizinische Maßnahmen vorsehen während und nach der Verrichtung von Arbeiten, die mit arbeitsbedingten Gefahren verbunden sind. Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 ist gegenstandslos geworden, weil die ärztliche Qualifikation durch staatliche Vorschriften geregelt ist (vgl. die ArbMedVV i. d. F. v. 23.10.2013, BGBl. I S. 3882). UVV nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 stellen klar, dass die Sicherstellung einer wirksamen Ersten Hilfe durch den Unternehmer zu erfolgen hat. Gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 können UVV Maßnahmen des Unternehmers zur Erfüllung der Pflichten nach dem ASiG regeln. Gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 können UVV die Zahl der Sicherheitsbeauftragten regeln, die nach § 22 zu bestellen sind. Abs. 1 Satz 2 ergänzt die Regelung in Abs. 1 Satz 1 Nr. 3. UVV können danach bestimmen, dass arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen auch durch den Unfallversicherungsträger veranlasst werden können. Gemäß Abs. 1 Satz 3 soll die DGUV beim Erlass von UVV auf Rechtseinheitlichkeit hinwirken. Abs. 1a stellt klar, dass in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung UVV von der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft erlassen werden.

2.4 Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen

 

Rz. 7

Die sprachlich missglückte Regelung des Abs. 1a will zum Ausdruck bringen, dass auch die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft UVV nach Abs. 1 erlässt. Die DGUV wirkt dabei allerdings nicht mit, weil die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft nicht der DGUV angehört. Abs. 2 Satz 1 enthält bereichsspezifische datenschutzrechtliche Regelungen. Abs. 2 Satz 2 enthält die datenschutzrechtliche Grundlage für die nach Abs. 1 Satz 2 vorgesehene Variante, dass Untersuchungen statt durch den Unternehmer durch einen Unfallversicherungsträger veranlasst werden. Die unter bergbehördlicher Aufsicht stehenden Unternehmen stehen unter der staatlichen Aufsicht durch die Bergbehörden. Dies berücksichtigt Abs. 3.

2.5 Genehmigung von UVV

 

Rz. 8

UVV bedürfen gemäß Abs. 4 Satz 1 der Genehmigung durch das BMAS. Die Genehmigung ist Voraussetzung für die Wirksamkeit der UVV. Gemäß § 87 Abs. 2 handelt es sich um eine Form der Fachaufsicht, die sich auch auf Umfang und Zweckmäßigkeit der Maßnahmen erstreckt. Die Genehmigung ist Wirksamkeitsvoraussetzung (Felz, in: KassKomm. SGB VII, § 15 Rz. 15; Lilienfeld, in: KassKomm. SGB VII, § 114 Rz. 13). Das BMAS entscheidet gemäß Abs. 4 Satz 2 im Benehmen mit den zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder, wenn der Unfallversicherungsträger der Aufsicht eines Landes untersteht, entscheidet gemäß Abs. 4 Satz 3 die zuständige oberste Landesbehörde im Benehmen mit dem BMAS. Unfallversicherungsträger unter Landesaufsicht sind die Unfallversicherungsträger im Landesbereich (§ 128) und die Unfallversicherungsträger im kommunalen Bereich (§129). Das "Benehmen" beinhaltet eine Form der Mitwirkung im Verwaltungsverfahren. Die entscheidende Behörde muss zwar nicht die Zustim...

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