Rz. 6

Werden bei einer Behörde in fremder Sprache Anträge gestellt oder Eingaben, Belege, Urkunden oder sonstige Schriftstücke vorgelegt, so muss die Behörde diese entgegennehmen, wie aus Abs. 2 folgt. Sieht sich die Behörde in der Lage, fremdsprachige Anträge, Eingaben, Belege, Urkunden oder sonstige Schriftstücke zu verstehen, kann sie die Sachbearbeitung unmittelbar vornehmen. Dabei ist es im Interesse eines reibungslosen Geschäftsablaufs zweckmäßig, Erklärungen und Schriftstücke in Deutsch aktenkundig zu machen.

 

Rz. 7

In Fällen, in denen die Behörde den Antrag nicht übersetzen kann und nicht in der Lage ist, das in einer Fremdsprache abgefasste Schreiben zu verstehen, soll sie zunächst die Vorlage einer Übersetzung innerhalb einer angemessenen Frist verlangen. Aufgrund der Fassung als Soll-Vorschrift ist die Behörde verpflichtet, in der Regel eine Übersetzung von dem Beteiligten anzufordern. Nur in atypischen Fällen kann sie aufgrund der besonderen Umstände sogleich selbst eine Übersetzung anfertigen lassen. Als angemessene Frist (Abs. 2 Satz 1) ist eine Zeitspanne anzusehen, die sich nach den Umständen des Einzelfalles bestimmt (z. B. Umfang und Schwierigkeit des Textes, Seltenheit der Sprache) und von einer sorgfältig und aufmerksam handelnden Person eingehalten werden kann (BSG, Urteil v. 25.7.1963, 4 RJ 255/62, BSGE 19 S. 249). Auf begründeten Antrag hin kann die Frist verlängert werden (§ 26 Abs. 7). Die Übersetzung muss nicht stets durch einen professionellen Übersetzer, sondern kann auch durch Bekannte oder Familienangehörige erfolgen.

 

Rz. 8

In begründeten Fällen, z. B. wenn die Behörde Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Übersetzung hat oder wenn es auf den genauen Wortlaut einzelner Begriffe ankommt, kann sie die Vorlage einer beglaubigten oder von einem öffentlich bestellten oder beeidigten Dolmetscher oder Übersetzer vorgenommenen Übersetzung verlangen (Abs. 2 Satz 2).

Durch eine vom Beteiligten vorgelegte Übersetzung bedingte Missverständnisse oder Übersetzungsfehler gehen, weil die Amtssprache Deutsch ist, grds. zulasten der Beteiligten, die sich der fremden Sprache bedienen. Denn die vorgelegte Übersetzung bildet grundsätzlich die Grundlage für die weitere Bearbeitung und Bescheidung (BVerwG, Beschluss v. 3.8.1990, 9 B 45/90). Eine andere Rechtslage ergibt sich, wenn die Behörde den Anschein erweckt, die Fremdsprache zu verstehen. In diesem Fall kann der Versicherte bzw. Bürger keinerlei Einfluss auf die Übersetzung nehmen, so dass der fremdsprachliche Text maßgebend ist. Für eine fehlerhafte oder missverständliche Übersetzung ihrer Bediensteten kann die Behörde nach den Grundsätzen der Amtshaftung (vgl. § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG) schadensersatzpflichtig gemacht werden. Denkbar ist auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, wonach der Ausländer so zu stellen ist, wie er bei richtiger Übersetzung seiner fremdsprachigen Eingabe gestanden hätte.

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