Rz. 5

Die Erfüllungsfiktion des § 107 gilt nur, "soweit ein Erstattungsanspruch" besteht. Daraus ergibt sich, dass die Erfüllungsfiktion nur in Höhe des Erstattungsanspruchs in Betracht kommt. Dies entspricht dem Zweck der Erstattungsansprüche nach §§ 102ff., den beim leistungsverpflichteten Träger verbliebenen Vermögenswert auszugleichen.

Übersteigt der Leistungsanspruch des Rentenberechtigten den Erstattungsanspruch des erstattungsberechtigten Trägers, bleibt der erstattungspflichtige Träger zur Leistung an den Berechtigten verpflichtet.

 
Praxis-Beispiel
 
Rentenzahlung vom 1.9.2011 bis 30.11.2011 monatlich 900,00 EUR
Erstattungsanspruch des Versorgungsamtes nach § 104  
vom 1.9.2011 bis 30.11.2011 monatlich 420,00 EUR
verbleibende Nachzahlung monatlich 480,00 EUR

Lösung:

Der Rentenanspruch des Berechtigten gegenüber dem Rentenversicherungsträger gilt für die Monate September bis November 2011 in Höhe von jeweils 420,00 EUR als erfüllt. Der restliche Anspruch in Höhe von 480,00 EUR monatlich steht dem Berechtigten noch zu.

 

Rz. 5a

Die Erfüllungsfiktion gilt nicht nur gegenüber dem Leistungsberechtigten, sondern auch gegenüber Dritten, die aufgrund besonderer Vorschriften (z. B. §§ 48, 51 bis 54 SGB I) die Sozialleistung des Berechtigten in Anspruch nehmen können. Zum Nachteil des vorleistenden Trägers kann der Leistungsberechtigte gegenüber dem letztendlich verpflichteten Träger nicht mehr über den bestehenden Anspruch verfügen (z. B. durch Abtretung nach § 53 SGB I).

2.3.1 Erfüllungsfiktion in Fällen des § 93 SGB VI

 

Rz. 5b

Das BSG hat mit Urteil v. 29.4.1997 (8 RKn 29/95) entschieden, dass in Fällen, in denen zu einer bereits gewährten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nachträglich eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hinzutritt, die Erfüllungsfiktion des § 107 einer anfänglichen Rechtswidrigkeit des Rentenbescheides des Rentenversicherungsträgers entgegensteht und deshalb eine Rücknahme nach § 45 bzw. Aufhebung des Rentenbescheides nach § 48 erst ab Beginn der laufenden Zahlung der Unfallrente möglich ist.

In diesen Fällen wird die Auffassung vertreten, dass § 107 dem Rentenversicherungsträger die Befugnis entzieht, den Rentenbescheid nach §§ 45 oder 48 ab Beginn des Zusammentreffens mit der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aufzuheben, soweit ein Erstattungsanspruch gegen den Unfallversicherungsträger besteht. In diesen Fällen ist der Rentenbescheid des Rentenversicherungsträgers erst ab Beginn der laufenden Zahlung der Unfallrente aufzuheben.

2.3.2 Erfüllungsfiktion in Fällen der §§ 96a, 97, 313 SGB VI

 

Rz. 5c

Die vorstehenden Ausführungen gelten in einschlägigen Fällen der Anwendung der §§ 96a, 313 SGB VI (insbesondere beim Zusammentreffen von Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung mit Arbeitslosengeld) entsprechend. Zu beachten ist, dass ein Erstattungsanspruch bereits ab dem 1. des Monats des Zusammentreffens bestehen kann.

Die Rechtsprechung des BSG zu § 93 SGB VI ist auch auf die Fälle der Einkommensanrechnung nach § 97 SGB VI entsprechend übertragbar.

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