Rz. 5

Dieses Konzept des RRG 1999 wurde mit den Gesetzesänderungen der Jahre 2001 und 2002 weitgehend aufgegeben, weil der Korridor zwischen Mindestschwankungsreserve und Höchstschwankungsreserve verringert worden ist und die für wenigstens 3 Jahre passende Festsetzung (Abs. 1 Satz 2 der Fassungen bis 31.12.2002) entfallen ist. Zunächst wurde die in Abs. 1 bestimmte Mindestschwankungsreserve mit dem Gesetz zur Bestimmung der Schwankungsreserve in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten v. 20.12.2001 ab 1.1.2002 um 20 % gesenkt, um einen Anstieg des Beitragssatzes um 0,3 Prozentpunkte, eine Belastung des Bundes beim allgemeinen Bundeszuschuss zur Rentenversicherung von 0,5 Mrd. EUR und bei den Beiträgen für Kindererziehungszeiten von 0,2 Mrd. EUR sowie ein Absinken des verfügbaren Einkommens der Arbeitnehmer um 1,2 Mrd. EUR und eine entsprechende Erhöhung der Lohnnebenkosten zu vermeiden (vgl. Bericht des Haushaltsausschusses, BT-Drs. 14/7627 v. 28.11.2001, und die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 14/7284 v. 6.11.2001).

Die Reserve hatte bereits in der Vergangenheit besonders in den Monaten September und Oktober unter dem Wert der Schwankungsreserve am Jahresende gelegen. Erstmals nach 1994 war für 1999 ein Beitragssatz festgelegt worden, der zu der am Jahresende vorgesehenen Schwankungsreserve von (damals) einer Monatsausgabe führte. In den Jahren 1995 bis 1998 hatte die Schwankungsreserve nur zwischen 0,6 und 0,9 Monatsausgaben gelegen. Weil es dadurch in der Vergangenheit nicht zu Liquiditätsengpässen gekommen sei, erschien dem Gesetzgeber Ende 2001 mehrheitlich die Absenkung der Schwankungsreserve gegenüber einer Beitragserhöhung als das geringere Übel. Der vom BMA beauftragte Gutachter Prof. B. Rürup war zudem zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bundesgarantie, die zum Zuge kommt, wenn die Schwankungsreserve nicht ausreicht (vgl. § 214), ein effizienteres Mittel der Liquiditätssicherung darstelle als die Schwankungsreserve. Über die Entwicklung der Nachhaltigkeitsrücklage/Schwankungsreserve gibt z. B. der Jahresbericht der Deutschen Rentenversicherung Auskunft (vgl. Veröffentlichung im Internet auf der Homepage der Deutschen Rentenversicherung unter http://www.deutsche-rentenversicherung.de). Zur Höhe der Schwankungsreserve von 1977 bis 2001 vgl. auch Wolf, Der Finanzausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung, Die Sozialversicherung 2002, 197, zur Entwicklung ab 2005 und zu Annahmen für die Jahre bis 2017 vgl. Viebrock, RV aktuell 2013, 62, 66 f.

 

Rz. 6

Während der Rentenversicherungsbericht 2001 noch die Erwartung zum Ausdruck gebracht hatte, dass die Schwankungsreserve ab 2004 (bei einem Beitragssatz von 19,1 %) wieder auf bis zu 1,2 Monatsausgaben aufgefüllt werden könnte, zeigte sich im Laufe des Jahres 2002, dass die Prognosen erneut korrigiert werden mussten. Wegen des anhaltenden Konjunktureinbruchs wurde die Schwankungsreserve mit dem BSSichG v. 23.12.2002 erneut gesenkt. Diese Maßnahme sollte zusammen mit der Erhöhung der Beitragbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung auf einen Wert um das Zweifache des in dem jeweiligen Jahr aktuellen Durchschnittsverdienstes eine Dämpfung des Anstiegs des Beitragssatzes bewirken (vgl. BT-Drs. 15/28 S. 2). Der Mindestzielwert für die Schwankungsreserve betrug nunmehr nur noch das 0,5fache, der Höchstzielwert nur noch das 0,7fache der Ausgaben für einen Kalendermonat. Hierdurch sollte eine Entlastung von rd. 4,7 Mrd. EUR erreicht werden (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drs. 15/28 S. 21). Damit wurde nicht nur die Schwankungsreserve weiter verringert, sondern auch der Korridor zwischen Höchst- und Mindestschwankungsreserve verschmälert, sodass eine Verstetigung, wie sie mit dem RRG 1999 angestrebt worden war, nicht mehr zu erreichen war, zumal auch die Forderung eines wenigstens für 3 Jahre gleichen Beitragssatzes aufgegeben wurde. Offenbar geschah dies in der Hoffnung, bei konjunkturellem Aufschwung und steigenden Einnahmen den Beitragssatz bei Überschreiten der (niedrigen) Höchstschwankungsreserve so schnell und so weit wie möglich senken zu können.

 

Rz. 7

Die neuerliche Senkung der Schwankungsreserve war, wie schon die Senkung der Schwankungsreserve im Jahr zuvor, politisch umstritten, zumal nicht erst bei der 2. Senkung die Gefahr von Liquiditätsengpässen der Rentenversicherung gesehen wurde (zur politischen Diskussion vgl. etwa Bericht und Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und soziale Sicherheit, BT-Drs. 15/73 S. 17, vgl. auch Mews, DAngVers 2002, 152, 154, Flohr, DAngVers 2002, 26, 27; ähnlich die aktuelle Diskussion vgl. Rz. 11b).

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