Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Ablauf des Bezugszeitraums bei zu spätem Elterngeldantrag. Adoption eines Kindes im Ausland. Beginn des Bezugszeitraums. Maßgeblichkeit der faktischen Haushaltsaufnahme des Kindes. Zeitpunkt der späteren rechtlichen Anerkennung der ausländischen Adoption in Deutschland nicht entscheidend

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Aufnahme des Kindes bei der berechtigten Person im Ausland ist in Verfahren ohne Beteiligung anerkannter Adoptionsvermittlungsstellen nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung eines deutschen Gerichts über die Feststellung der ausländischen Adoption (Anerkennung und Wirkung) oder den Zeitpunkt der Nachadoption abzustellen. Maßgebend sind einzig die tatsächlichen Umstände bei der Haushaltsaufnahme und der darin manifestierte Wille, das Kind als eigenes annehmen zu wollen.

 

Orientierungssatz

§ 4 BEEG idF vom 5.12.2006 sieht Rahmenfristen vor, die zugleich den maximalen Bezugszeitraum für Elterngeld umschreiben.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 17. Februar 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander für beide Instanzen keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Elterngeld nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig.

Die Klägerin wurde 1965 im Iran geboren. Ende der 1980er Jahre floh sie aus ihrem Heimatland und erhielt Asyl in der Bundesrepublik Deutschland. 1995 heiratete sie den 1964 geborenen C. Die Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Die Ehe der beiden blieb kinderlos.

Die Eheleute nahmen 2008 Kontakt zur staatlichen Jugendbehörde in E-Stadt ("Behzisti") auf. Nach positiver Rückmeldung der iranischen Behörden reisten sie im Herbst 2008 in den Iran und mieteten dort eine Wohnung an. Nach eingehenden Gesprächen mit verschiedenen Mitarbeitern der zuständigen staatlichen Behörden und dem Leiter eines Kinderheims wurde ihnen Ende Dezember 2008 erlaubt, zu einem von den iranischen Behörden ausgesuchten Kind, den 2006 geborenen D., in einem staatlichen Kinderheim unter gleichzeitiger Beobachtung durch eine Mitarbeiterin des Kinderheims, Kontakt aufzunehmen und D. täglich zu besuchen. Schließlich wurde ihnen mit Beschluss des Amtsgerichts Teheran vom 31. Januar 2009 im Rahmen einer vorläufigen Maßnahme gestattet, D. für eine sechsmonatige Probezeit bei sich in ihrer E-Stadter Wohnung aufzunehmen. Die Klägerin hielt sich in dieser Zeit durchgängig in E-Stadt auf, während ihr Ehemann zwischen seiner deutschen Arbeitsstelle und der Wohnung in E-Stadt pendelte. In diesen sechs Monaten bestand weiterhin Kontakt mit dem iranischen Jugendamt sowie den Mitarbeitern des Kinderheims, die sich bei verschiedenen Besuchen im Haushalt der Eheleute über das Befinden des Kindes informierten. Mit weiterem Beschluss des Amtsgerichts Teheran vom 25. Juli 2009 wurde richterlich festgestellt, dass nach der sechsmonatigen Probezeit ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden sei. Den Eheleuten wurde das "endgültige Erziehungsrecht" über den "elternlosen D." erteilt.

Im Herbst 2009 scheiterte die Einreise der Klägerin gemeinsam mit D. in die Bundesrepublik Deutschland daran, dass die zuständigen deutschen Behörden kein Einreisevisum für D. ausstellten.

Der Ehemann der Klägerin beantragte daraufhin am 27. November 2009 die Durchführung des Anerkennungsverfahrens nach dem Adoptionswirkungsgesetz (AdWirkG) vor dem Amtsgericht Köln - Familiengericht - unter dem Az. XX unter Verweis auf die Entscheidung des Amtsgerichts Teheran. Mit Beschluss vom 29. April 2010 lehnt das Gericht den Antrag ab. Der Anwendungsbereich des § 2 AdWirkG sei nicht eröffnet, da keine ausländische Adoptionsentscheidung vorliege. Das iranische Recht als islamische Rechtsordnung kenne eine Annahme als Kind nicht, sondern nur die Begründung eines Pflegekindverhältnisses. Auf die Beschwerde der Eheleute hiergegen erkannte das Oberlandesgericht (OLG) Köln mit Beschluss vom 23. April 2012 unter dem Az. XX die Annahme des Kindes D.C. durch die Eheleute gemäß der rechtskräftigen Entscheidung des Amtsgerichts Teheran/Iran, 45. Kammer, vom 25. Juli 2009 gemäß § 2 Abs. 1 AdWirkG an. Das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes zu seinen bisherigen Eltern war nicht erloschen gemäß § 2 Abs. 1 AdWirkG. Das Annahmeverhältnis stand in Ansehung der elterlichen Sorge und der Unterhaltspflicht einem nach den deutschen Sachvorschriften begründeten Annahmeverhältnis gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AdWirkG gleich.

Zwischenzeitlich war die Klägerin gemeinsam mit D.C. unerlaubt über Zypern in die Bundesrepublik Deutschland (ohne deutsches Visum für das Kind) eingereist. Dem Kind wurde eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthaltG) ausgestellt. Der Einzug in die elterliche Hauptwohnung in Frankfurt am Main erfolgte am 12. November 2010. Am 28. Januar 2011 verfügte die Ausländerbehörde eine Aussetzung der Abschiebung (Dul...

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