Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Auszahlung einer Provisionszahlung im Bemessungszeitraum. einmalige Jahresabschlusszahlung als "sonstige Bezüge"

 

Orientierungssatz

1. Arbeitslohn ist laufend, wenn er zeitraumbezogen und regelmäßig wiederkehrend gezahlt wird, wobei ein rein zeitliches Verständnis zu Grunde zu legen ist. Das Kriterium der regelmäßig wiederkehrenden Zahlung ist erfüllt, wenn im Kalenderjahr zumindest zwei Zahlungen erfolgen. Im Hinblick auf den für die Abgrenzung des laufenden Arbeitslohns von den sonstigen Bezügen maßgeblichen Zeitraum ist im Anwendungsbereich des BEEG nicht auf das Kalenderjahr, sondern auf den in § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG a.F. i.V.m. § 2 Abs. 7 S. 5 und 6 BEEG a. F. gesetzlich vorgesehenen zwölfmonatigen Bemessungszeitraum abzustellen.

2. Hat ein Arbeitnehmer die monatlichen Vorauszahlungen bewusst niedrig gewählt, um bei einem schlechten Jahresergebnis keine Rückzahlungen an den Arbeitgeber leisten zu müssen, und hierdurch eine hohe einmalige Abschlusszahlung erzielt, hat er hierdurch das Arbeitsverhältnis gestaltet und muss sich daran bei der Prüfung, ob die Abschlusszahlung laufenden Arbeitslohn darstellt oder den sonstigen Bezügen unterfällt, festhalten lassen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 30.04.2015; Aktenzeichen B 10 EG 17/14 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 18. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des für die Zeit vom 21. April bis 20. Mai 2011 und 21. April bis 20. Mai 2012 zu zahlenden Elterngeldes nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig. Dabei ist insbesondere streitig, ob eine im Bemessungszeitraum ausgezahlte Provisionsschlusszahlung in Höhe von 22.717,00 € elterngelderhöhend zu berücksichtigen ist.

Der 1973 geborene Kläger und seine 1972 geborene Ehefrau C. A. sind Eltern des 2011 geborenen Kindes D. Sie stellten am 14. Juni 2011 Antrag auf Elterngeld und legten für den Kläger als Bezugszeiträume den 1. und 13. Lebensmonat des Kindes fest (Klägerin 1. bis 12. Lebensmonat). Der Kläger ist als Versicherungsfachwirt bei der E. tätig. Ausweislich der dem Antrag beigefügten Entgeltabrechnungen für April 2010 bis März 2011 erhielt er monatliche Bruttobezüge von 2.652,25 € bis 2.700,18 €. Darüber hinaus enthalten die Abrechnungen jeweils den weiteren als Provisionsvorschuss bezeichneten Betrag von 464,11 €. Mit der Abrechnung für März 2011 ist dem Kläger zudem als Einmalzahlung Provision in Höhe von 22.717,00 € ausgezahlt worden.

Durch Bescheid vom 29. Juli 2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die beantragten Lebensmonate und damit für die Zeiträume vom 21. April bis 20. Mai 2011 und 21. April bis 20. Mai 2012 Elterngeld in Höhe von 1.297,67 € monatlich. Dabei berücksichtigte er als Bemessungszeitraum die Monate April 2010 bis März 2011 und als durchschnittliches monatliches Nettoerwerbseinkommen im Bemessungszeitraum den Betrag von 1.996,41 €. Hieraus errechnete er das zuerkannte Elterngeld in Höhe von 65 %.

Der Kläger erhob Widerspruch am 10. August 2011 und machte geltend, die Höhe des Elterngeldes sei unzutreffend berechnet worden, indem die Provisionszahlung in Höhe von 22.717,00 € für März 2010 (gemeint 2011) unberücksichtigt geblieben sei. Er erhalte einen monatlichen Provisionsvorschuss in Höhe von 464,11 € brutto, die “Rest„-Provision jeweils im März. Die Vorauszahlungen habe er bewusst niedrig gewählt, damit er bei einem schlechten Jahresergebnis kein Geld an den Arbeitgeber zurückzahlen müsse. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Hinweis auf das Urteil vom 3. Dezember 2009, B 10 EG 3/09 R) seien alle Provisionszahlungen in die Berechnung des Elterngeldes einzubeziehen. Dementsprechend liege sein Netto-Jahresgehalt bei 34.861,32 € bzw. 2.905,11 € monatlich. 65 % hiervon seien 1.888,32 €, so dass der Höchstbetrag von 1.800,00 € zu zahlen sei.

Durch Widerspruchsbescheid vom 22. August 2011 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, für die Berechnung des Elterngeldes sei im Falle von nichtselbstständiger Arbeit gemäß § 2 Abs. 7 BEEG laufendes Einkommen in den 12 Kalendermonaten vor dem Kalendermonat der Geburt des Kindes zu berücksichtigen, nicht dagegen sonstige Bezüge im Sinne von § 38a Abs. 1 S. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Bei der Einkommensermittlung knüpfe das Elterngeldrecht eng an das Einkommensteuerrecht an. Das Bundessozialgericht habe mit dem von dem Kläger angeführten Urteil entschieden, dass ausschließlich diejenigen Zahlungen zu berücksichtigen seien, die nach den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers im zugrunde zu legenden Bemessungszeitraum auch tatsächlich zugeflossen seien. Hier komme es auf die Monate April 2010 bis März 2011 an. Soweit die Entgeltabrechnung für M...

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