Entscheidungsstichwort (Thema)

sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Anordnungsgrund. Förderung der Berufsausbildung. Zuschuss zur Ausbildungsvergütung. betriebliche Ausbildung. Betrieb der Wirtschaft. Gewinnerzielung. eingetragener Verein. drittschützende Wirkung. keine notwendige Beiladung des Auszubildenden

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Bereich der betrieblichen Berufsausbildung in § 73 SGB 3 (idF vom 20.12.2011 (BGBl I 2854)) ist eng auszulegen. Hiervon werden nur Betriebe der Wirtschaft, die auf Gewinnerzielung gerichtet sind sowie vergleichbare Einrichtungen außerhalb der Wirtschaft, umfasst. Hierzu zählt ein eingetragener Verein, dessen Zweck darin besteht, mittels Spendenaufkommen und freiwilliger ehrenamtlicher Mitarbeit dabei zu helfen, dass durch sozialpädagogische Maßnahmen arbeitslose Jugendliche, Erwachsene sowie Schwerbehinderten eine angemessene Chance auf dem Arbeitsmarkt erhalten, nicht.

2. Das Bestehen eines Anordnungsgrundes nach § 86b Abs 2 SGG richtet sich unabhängig von der Frage, ob § 73 SGB 3 drittschützende Wirkung zukommt, nur nach den geschützten subjektiven Rechten der Streitbeteiligten.

3. Die Frage des Zuschusses betrifft lediglich eine Vorfrage für den Ausbildungsbeginn und damit das Verhältnis zwischen Antragsteller und Dritten. Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 SGG liegen damit nicht vor.

 

Normenkette

SGB III § 73; SGG § 75 Abs. 2, § 86b Abs. 2; BBiG §§ 2, 1 Abs. 3

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde des Antragssteller vom 29. April 2013 mit dem sinngemäßen Antrag,

den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Juni 2013 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Arbeitgeberzuschüsse zur Ausbildungsvergütung in Höhe von 100 % zuzüglich der Arbeitgeberanteile für die Ausbildung der Auszubildenden C. zu gewähren

ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Beschwerde gegen die vorläufige Verpflichtung zur Zahlung von ALG-II-Leistungen ist gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der seit dem 1. April 2008 geltenden maßgeblichen Fassung statthaft, form- und fristgerecht eingelegt ( § 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig.

Das Sozialgericht hat zu Recht den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung abgelehnt. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 dieser Vorschrift vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist sowohl ein Anordnungsanspruch (d.h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines materiellen Leistungsanspruchs) als auch ein Anordnungsgrund (d.h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), deren tatsächliche Voraussetzungen glaubhaft zu machen sind (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Zivilprozessordnung - ZPO -). Dabei soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebotes, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG -), ist von diesem Grundsatz jedoch dann abzuweichen, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wiedergutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 sowie Beschluss vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02). Zum Gewicht von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund ist zu berücksichtigen, dass diese nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern eine Wechselbeziehung besteht. Die Anforderungen an den Anordnungsanspruch sind mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Hessisches Landessozialgericht - LSG -, Beschluss vom 29. Juni 2005, Az.: L 7 AS 1/05 ER; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 10. Aufl., § 86b Rdnr. 29). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet und das angegriffene Verwaltungshandeln offensichtlich rechtswidrig bzw. bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Leistungsträgers, so vermindern sich die Anforderung...

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