Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des Betriebsrats auf technische Geräte für Videokonferenzen. Kein Vorrang von Präsenzsitzungen gegenüber Videokonferenzen für den Betriebsrat. Durchsetzung des Anspruchs auf Tablets/Notebooks im einstweiligen Verfügungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Betriebsrat kann im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verlangen, dass ihm für seine Mitglieder drei Tablets/Notebooks mit Internetanschluss vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden, damit Videokonferenzen abgehalten werden können.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 2, § 129 Abs. 1; ZPO §§ 935, 940

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 12.05.2021; Aktenzeichen 11 BVGa 3/21)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 12. Mai 2021 – 11 BVGa 3/21 – abgeändert:

Der Beteiligten zu 2 wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, dem Antragsteller drei funktionsfähige, handelsübliche, dem gegenwärtigen technischen Standard entsprechende Tablets oder Notebooks mit Internetzugang bis zum 30. Juni 2021 unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten in einem einstweiligen Verfügungsverfahren darüber, den Arbeitgeber zu verpflichten, dem Betriebsrat zur Abhaltung von Betriebsratssitzungen als Videokonferenz für die Zeit bis zum 30. Juni 2021 entsprechend der Anzahl der Betriebsratsmitglieder Tablets oder Notebooks mit Internetzugang zur Verfügung zu stellen.

Der Arbeitgeber (Beteiligte zu 2) ist ein Textileinzelhandelsunternehmen mit 70 Filialen in Deutschland und insgesamt etwa 3500 Mitarbeitern. Antragsteller ist der für die Filiale A (B) gebildete, aus 3 Mitgliedern bestehende, Betriebsrat.

Dem Betriebsrat steht in den Betriebsräumen ein eigenes Büro (4,66 m x 3,12 m), das Dachschrägen aufweist und über ein Fenster belüftet werden kann, für Betriebsratsarbeit zur Verfügung. Es verfügt über eine Klimaanlage. Ferner ist es mit einem Computer sowie einem Multifunktionsgerät mit Drucker, Fax und Scanner sowie einem Festnetztelefon ausgestattet.

Die Filiale A war in den Jahren 2020 und 2021 aufgrund der Corona-Pandemie zeitweise vollständig geschlossen. Teilweise war sie im Rahmen eingeschränkten Kundenbetriebs („Click und Collect“ oder „Click und meet“) geöffnet. Seit 12. Mai 2021 ist die Filiale im eingeschränkten Kundenbetrieb „Click und meet“ geöffnet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Filiale (einschließlich der Betriebsratsmitglieder) sind als Verkäufer angestellt und erbringen ihre Arbeitsleistung ausschließlich im Betrieb. Die in der Filiale vor Ort erfolgende Verkaufstätigkeit schließt ein Arbeiten im Home-Office aus.

Im Betrieb gelten umfangreiche Gesundheits- und Arbeitsschutzmaßnahmen betreffend Covid 19; insoweit wird auf die Anlage AG 1, Bl. 206 ff. der Akte, Bezug genommen. Ferner haben die Betriebspartner für die Filiale A eine Betriebsvereinbarung zu Gesundheits- und Arbeitsschutzmaßnahmen in Zusammenhang mit der Virusepidemie Covid 19 geschlossen (Bl. 126 ff. der Akte).

Die Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben erfolgt während der Arbeitszeit vor Ort in der Filiale. Die Betriebsratsmitglieder melden sich hierzu bei der Filialleitung ab und verrichten Betriebsratsaufgaben im Betriebsratsbüro. Nach deren Erledigung melden Sie sich bei der Filialleitung wieder an und fahren mit ihrer arbeitsvertraglichen Tätigkeit als Verkäuferinnen und Verkäufer fort.

In seiner Betriebsratssitzung vom 28. April 2021 beschloss der Betriebsrat Rechtsanwältin C zu beauftragen, eine einstweilige Verfügung im Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden einzureichen mit dem Ziel, den Mitgliedern des Betriebsrats 3 funktionsfähige, handelsübliche, dem gegenwärtigen technischen Standard entsprechende iPads, hilfsweise ein anderes gleichwertiges Tablett mit Internetzugang, hilfsweise ein anderes gleichwertiges Laptop/Notebook mit Internetzugang unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Die Erforderlichkeit ergebe sich daraus, dass aufgrund der Situation um Covid19 Präsenzsitzungen des Betriebsrats nicht immer möglich seien; wegen der Ladung zu dieser Betriebsratssitzung, dem Beschluss sowie des Sitzungsprotokolls wird auf Bl. 140 ff. der Akte verwiesen.

Mit seinem am 29. April 2021 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat der Betriebsrat diesen Anspruch gerichtlich geltend gemacht.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I. (Bl. 240-243 der Akte) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen im Beschluss unter II. (Bl. 243-245 der Akte) verwiesen.

Gegen den am 12. Mai 2021 verkündeten Beschluss hat der Betriebsrat am selben Tag Beschwerde eingelegt und diese mit einem am 14. Mai 2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Das Arbeitsgericht habe seine Entscheidung fehlerhaft damit begründet...

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