Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflichten des Betriebsrats hinsichtlich der Auswahl unter mehreren Möglichkeiten bei der Durchführung eines Beschlussverfahrens. Umfang der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Betriebsrat - für den von ihm beauftragten Rechtsanwalt gilt nichts anderes - darf bei der Wahl der Rechtsdurchsetzung unter mehreren gleich geeigneten Möglichkeiten nur die für den Arbeitgeber kostengünstigere Lösung für erforderlich halten. Wählt der Betriebsrat unter mehreren gleichermaßen in Betracht kommenden Möglichkeiten bei der Durchführung eines Beschlussverfahrens nicht den für den Arbeitgeber kostengünstigsten Weg, ist die gewählte Form der Rechtsdurchsetzung insoweit mutwillig. Dies kann zB dazu führen, dass der Betriebsrat bei der Einleitung eines Beschlussverfahrens anstelle von mehreren Einzelverfahren die Durchführung eines Muster- oder Gruppenverfahrens in Betracht ziehen muss.

2. Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers entfällt bei einer offensichtlich aussichtslosen oder mutwilligen Rechtsverfolgung des Betriebsrats. Offensichtlich aussichtslos ist die Rechtsverfolgung, wenn die Rechtslage unzweifelhaft ist. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die außergerichtlichen Kosten für unzulässige oder offensichtlich unbegründete Rechtsmittel bzw. Nichtzulassungsbeschwerden nach § 92a ArbGG zu tragen.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 18.03.2015; Aktenzeichen 5 BV 11/14)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 18. März 2015 - 5 BV 11/14 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert:

Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, an den Antragsteller 1.176,67 EUR (in Worten: Eintausendeinhundertsechsundsiebzig und 67/100 Euro) zu zahlen.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 18. März 2015 - 5 BV 11/14 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Erstattung von Rechtsanwaltskosten des Betriebsrats.

Die Antragsteller sind Rechtsanwälte und machen aus abgetretenem Recht Kostenerstattungsansprüche gegenüber dem Arbeitgeber (Beteiligter zu 2) geltend. Dieser ist die europäische Entwicklungsgesellschaft eines koreanischen Automobilkonzerns und beschäftigt in seiner Niederlassung in A ca. 240 Arbeitnehmer. Dort ist ein Betriebsrat gebildet. Am schwarzen Brett im Betrieb hing vom 5. Juli 2012 bis 17. August 2012 ein Aushang, der sich kritisch mit der Betriebsratsarbeit auseinandersetzte und von insgesamt 112 Mitarbeitern, darunter einigen leitenden Angestellten, unterzeichnet war. Wegen dieses Aushangs ging der Betriebsrat in einem Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Darmstadt gegen den Arbeitgeber vor (5 BV 43/12). Das Arbeitsgericht gab den Anträgen am 13.2.2013 teilweise statt. Gegen diese Entscheidung legten der Arbeitgeber am 13. März 2013 Beschwerde und der Betriebsrat am 24. Juni 2013 Anschlussbeschwerde ein, die beim Hessischen Landesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 16 TaBV 36/13 geführt wurden. Mit Beschluss vom 2. September 2013 änderte das Landesarbeitsgericht den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt teilweise ab und wies die Anträge des Betriebsrats insgesamt zurück. Die dagegen vom Betriebsrat beim Bundesarbeitsgericht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (7 ABN 86/13), wegen deren Begründung auf Bl. 410-441 der Akten verwiesen wird, wurde als unzulässig verworfen; insoweit wird auf Bl. 479-482 der Akten Bezug genommen.

Daneben führte der Betriebsrat Beschlussverfahren gegen einzelne Unterzeichner des Aushangs auf Unterlassung bzw. Widerruf der in dem Schreiben enthaltenen Äußerungen (ArbG Darmstadt 13.2.13, 5 BV 33/12 = Hess. LAG 2.9.13, 16 TaBV 44/13= BAG 7 ABN 80/13-B; ArbG Darmstadt 13.2.13, 5 BV 36/12 = Hessisches LAG 2.9.13, 16 TaBV 46/13 = BAG 7 ABN 81/13-C; ArbG Darmstadt 13.2.13, 5 BV 32/12 = Hessisches LAG 2.9.13, 16 TaBV 47/13 = BAG 7 ABN 82/13-D; ArbG Darmstadt 13.2.13, 5 BV 40/12 = Hessisches LAG 2.9.13, 16 TaBV 48/13 = BAG 7 ABN 83/13-E; ArbG Darmstadt, 13.2.13, 5 BV 38/12 = Hessisches LAG 2.9.13, 16 TaBV 49/13 = BAG 7 ABN 84/13-F; ArbG Darmstadt 13.2.13, 5 BV 34/12 = Hess. LAG 2.9.13, 16 TaBV 50/13 = BAG 7 ABN 85/13-G; ArbG Darmstadt 26.9.13, 5 BV 35/12 = Hessisches LAG 30.6.13, 16 TaBV 166/13 -H; ArbG Darmstadt 27.11.13, 5 BV 39/12 = Hessisches LAG 9.2.15, 16 TaBV 14/14 -I; ArbG Darmstadt 5 BV 37/12 = Hessisches LAG 16 TaBV 54/14-J, insoweit Beschwerderücknahme seitens des Arbeitgebers wegen eines Formmangels). Die gegen diese Entscheidungen (mit Ausnahme der vom Arbeitgeber im Fall J zurückgenommenen Beschwerde) des Hessischen Landesarbeitsgerichts eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden wurden vom Bundesarbeitsgericht als unzulässig verworfen.

Der Betriebsrat war in diesen Verfahren zunächst von dem jetzt für die hiesigen Antragsteller handelnden Rechtsanwalt Dr. K als M...

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