Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsratsmitglied. Für den Verlauf von Betriebsratssitzungen gilt nicht generell eine Geheimhaltungspflicht. Betriebsratssitzung. Geheimhaltungspflicht

 

Leitsatz (redaktionell)

Betriebsratsmitglieder sind grundsätzlich nicht verpflichtet, über den Verlauf von Betriebsratssitzungen Stillschweigen zu bewahren.

 

Normenkette

BetrVG §§ 78-79, 30; BGB § 823; StGB § 186

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 17.12.2009; Aktenzeichen 11 BV 396/09)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 17. Dezember 2009 – 11 BV 396/09 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Unterlassung von Behauptungen.

Der Beteiligte zu 1) ist Mitglied des bei der zu 4) beteiligten Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats in A, dem Beteiligten zu 3), dessen Vorsitzende die Beteiligte zu 2) ist. Die Beteiligten zu 1) und 2) hatten in der Betriebsratssitzung vom 16. Dez. 2008 eine Auseinandersetzung darüber, weshalb der Beteiligte zu 1) oder eines der anderen Mitglieder des Betriebsrats, die über die Liste „e.v.a.” in den Betriebsrat gewählt worden sind, nicht für die Besetzung der auf Konzernebene gebildeten im Zusammenhang mit der Integration der B stehenden zwölf Arbeitskreise vorgeschlagen worden ist. Die Beteiligte zu 2) entgegnete dem Beteiligten zu 1) u.a., dies sei eine Frage des Vertrauens, der Beteiligte zu 1) hätte mehr als einmal bewiesen, dass er nicht vertrauenswürdig sei. Jedes Mal wenn sie ihn beteiligt hätte, hätte er die Geheimhaltung verletzt. Sie hätte einen Ordner mit Beweisen.

Am 26. März 2008 fand eine sog. Bonus-Beratungsrunde statt, in der die Höhe der anstehenden Bonuszahlungen an Mitarbeiter beraten worden ist. Der Beteiligte zu 1) hat in der Folge ein Gespräch mit dem betroffenen Mitarbeiter C geführt. In der Betriebsversammlung vom 16. Sept. 2008 hat der Beteiligte zu 1) dem Betriebsrat vorgehalten, dieser würde trotz Personalabbaus Mehrarbeitsanträge durchwinken und hat dabei zumindest für einige Bereiche Umfang und Häufigkeit der Mehrarbeitsanträge wiedergegeben. Am 17. Okt. 2008 wurde der Beteiligte zu 1) nach einer Betriebsausschusssitzung am Kopierer gesehen. In einem Rundmail vom 27. April 2007, das u.a. die Gestaltung künftiger Betriebsversammlungen zum Gegenstand hatte, hat der Beteiligte zu 1) seinen diesbezüglichen Antrag auf der Betriebsratssitzung und die ablehnende Begründung des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit zitiert. Am 30. Okt. 2008 leitete der Beteiligte zu 1) ein mit dem Vermerk „confidential” versehenes Mail des Bereichsvorstandes an einige Mitarbeiter weiter.

Der Beteiligte zu 1) hat vorgetragen, die Behauptungen der Beteiligten zu 2), er habe wiederholt gegen die Geheimhaltungspflicht verstoßen, seien unwahr. Er hat behauptet, bei den Informationen aus der Bonus-Beratungsrunde habe es sich nicht um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse oder geheimnisfähige Fakten gehandelt. Er habe lediglich mit dem Zeugen C über Vergütungsfragen gesprochen. In der Betriebsversammlung hätte er keine konkreten Mehrarbeitsanträge verlesen, sondern nur exemplarisch Abteilungen und Arbeitsstunden benannt. Die Präsentationsunterlage habe er lediglich für seine eigene Verwendung kopiert. Hinsichtlich seiner E-Mails vom 30. Okt. 2008 habe er schließlich darum gebeten, diese nicht an Dritte weiter zu leiten.

Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,

der Beteiligten zu 2) zu untersagen, wörtlich oder sinngemäß die Behauptungen aufzustellen und / oder zu verbreiten,

  1. der Beteiligte zu 1) habe „nicht die Geheimhaltung gewahrt”,
  2. der Beteiligte zu 1) habe „die Geheimhaltung verletzt”,
  3. der Beteiligte zu 1) habe „gegen die Geheimhaltungspflicht verstoßen”,
  4. der Beteiligte zu 1) habe in der Vergangenheit seine Pflicht zur Verschwiegenheit verletzt;

2. der Beteiligten zu 2) für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung nach Ziff. 1 ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen.

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben behauptet, nicht der Beteiligte zu 3) hätte die Kompetenz gehabt, Vertreter in die Ausschüsse zu entsenden, sondern der Konzernbetriebsrat (in dem die Beteiligte zu 2) Mitglied ist). Im Übrigen sei es zutreffend, dass der Beteiligte zu 1) bei der Entsendung in die Ausschüsse wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit nicht berücksichtigt worden sei. Der Beteiligte zu 1) habe vertrauliche Informationen, die er im Rahmen der Bonusberatungsrunde erhalten habe, im Frühjahr 2008 an Mitarbeiter, u.a. den Zeugen C, weitergegeben, obwohl die Personalabteilung zunächst um Stillschweigen über die geplanten Zahlungen gebeten hätte. In der Betriebsversammlung vom 16. Sept. 2008 habe er aus vertraulichen Betriebsratsprotokollen von Juli / August 2008 zitiert und Auszüge aus Mehrarbeitsanträgen vorgelesen. Er habe exakte Zahlen vorgelesen und die Teams benannt. Am 13. Juli 2007 habe der Betriebsausschuss davo...

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