keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstelle. Bestellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Bestellung einer Einigungsstelle gemäß § 109 BetrVG genügt es, wenn der Wirtschaftsausschuss eine Auskunft über wirtschaftliche Angelegenheiten verlangt hat und zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Meinungsverschiedenheit über deren Berechtigung und/oder Erfüllung besteht.

2. Bestehen am Schluss der Anhörung der Beteilitgten im Einigungsstellenbestellungsverfahren miteinander unvereinbare Ansichten der Betriebspartner, kann vom Antragsteller auch bei zunächst nicht ausreichenden innerbetrieblichen Verhandlungen nicht ein erneuter innerbetrieblicher Einigungsversuch verlangt werden.

3. Lehnt der andere Betriebspartner die Bildung einer Einigungsstelle grundsätzlich ab, bedarf es vorgerichtlich keiner Verhandlungen über die Person des Vorsitzenden und die Zahl der Beisitzer.

 

Normenkette

BetrVG §§ 76, 106, 109; ArbGG 98; ZPO § 253

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Beschluss vom 22.12.2005; Aktenzeichen 2 BV 7/05)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 22. Dezember 2005 – 2 BV 7/05 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Bestellung einer Einigungsstelle.

Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin gehörte dem von einer irischen Muttergesellschaft getragenen Konzern A an, der sich mit der Herstellung von Verpackungsprodukten aus Papier und Pappe befasst. Der Konzern wurde zum 01. Dezember 2005 mit dem im selben Marktsegment tätigen Konzern B zum in Europa größten Anbieter in dem Marktsegment fusioniert.

Der antragstellende Betriebsrat repräsentiert die Belegschaft der Arbeitgeberin. Am 15. September 2005 wurden die Betriebsräte der drei deutschen Unternehmen der A mit der in der Anlage AG 1 zum Schriftsatz vom 14. Dezember 2005 ersichtlichen Präsentation über die Fusion unterrichtet. Der vom Betriebsrat bestellte Wirtschaftsausschuss richtete mit Schreiben vom 30. September 2005 einen die Fusion betreffenden Fragenkatalog an die Arbeitgeberin, wegen dessen Inhalt auf die Anlage zur Antragsschrift (Bl. 15, 16 d.A.) Bezug genommen wird. Die Arbeitgeberin antwortete mit Schreiben vom 12. Oktober 2005 wie in der Anlage zur Antragsschrift (Bl. 17 – 20 d.A.) ersichtlich. Mit dem in der Anlage zur Antragsschrift (Bl. 21 – 23 d.A.) ersichtlichen Schreiben vom 03. November 2005 wiederholte der Wirtschaftsausschuss die Fragen und erbat weitere Auskünfte. Dies lehnte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 09. November 2005 mit der Begründung ab, sie habe ihren Kenntnisstand erschöpfend mitgeteilt. Die Konzernleitung werde den europäischen Betriebsrat der A umfassend informieren. Da die Arbeitgeberin keine eigenen Planungen durchführe, bestehe kein Informationsanspruch des Wirtschaftsausschusses. Der vom Wirtschaftsausschuss angerufene Betriebsrat erklärte mit Schreiben vom 25. November 2005 das Auskunftsverlangen des Wirtschaftsausschusses für berechtigt und bat um Verhandlungen. Die Arbeitgeberin wiederholte ihren gegenüber dem Wirtschaftsausschuss eingenommenen Standpunkt mit Schreiben vom 30. November 2005 gegenüber dem Betriebsrat. Der Betriebsrat teilte mit Schreiben vom 05. Dezember 2005 mit, er habe die Einleitung eines Einigungsstellenverfahrens gemäß § 109 BetrVG beschlossen, und bat die Arbeitgeberin, sich mit ihm bis 06. Dezember 2005, 15.00 Uhr, über die Person des Vorsitzenden und die Beisitzer zu einigen. Mit einem dem Betriebsrat an diesem Tag um 12.32 Uhr zugegangenen Schreiben vom 06. Dezember 2005 erklärte die Arbeitgeberin, aus Kostengründen solle eine Einigungsstelle mit den beiden anderen deutschen A-Gesellschaften durchgeführt werden. Darauf reichte der Betriebsrat noch am selben Tag um 15.12 Uhr den vorliegenden Antrag gemäß §§ 76 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, 98 ArbGG ein. Im Anhörungstermin vor dem Arbeitsgericht einigten sich die Beteiligten dahingehend, dass für den Fall der Bestellung der Einigungsstelle der Vizepräsident des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main a.D. C den Vorsitz übernehmen solle.

Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, es bestünden Informations- und Beratungsrechte gemäß § 106 Abs. 3 Nr. 10 BetrVG, die die Arbeitgeberin nicht ausreichend erfüllt habe, und – soweit noch von Interesse – beantragt,

Herrn C, Frankfurt am Main, zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle gemäß § 109 BetrVG zu bestellen zur Entscheidung, ob die Arbeitgeberin die Auskunftsbegehren gemäß den Schreiben des Wirtschaftsausschusses vom 30. September 2005 und 03. November 2005 genügend erfüllt hat.

Die Arbeitgeberin hat zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags gerügt, dem Betriebsrat fehle mangels Scheiterns der Verhandlungen über Vorsitz und Beisitzerzahl das Rechtsschutzinteresse. Das Verhalten des Betriebsrats sei nach dem Vorschlag der Arbeitgeberin vom 06. Dezember 2005 rechtsmissbräuchlich, zumal die Arbeitgeberin die Möglichkeit eines Anspruchs nach § 106 Abs. 2 BetrVG nie bestritten habe. Die Einigungsstelle sei offensichtlich unzust...

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