(1) Das Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit ist in den Begutachtungs-Richtlinien (vgl. § 17, § 53d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI) für die Medizinischen Dienste und die Pflegekassen verbindlich geregelt (§ 53d Abs. 3 Satz 4 SGB XI). Die Entscheidung über das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung in einen Pflegegrad ist von der Pflegekasse unter maßgeblicher Berücksichtigung des Gutachtens des MD oder der von ihr beauftragten Gutachterin oder des von ihr beauftragten Gutachters zu treffen. Der Pflegekasse obliegt auch die Entscheidung über die zu erbringenden Leistungen nach dem SGB XI.

Die Pflegekasse hat – trotz evtl. vorliegender eindeutiger Aussagen – bei Eingang des Leistungsantrags der versicherten Person eine Prüfung durch den MD oder durch eine von ihr beauftragte Gutachterin oder durch einen von ihr beauftragten Gutachter zu veranlassen. Die Pflegekasse hat den Begutachtungsauftrag spätestens am dritten Arbeitstag ab Eingang des Antrags an den MD oder an die von ihr beauftragte Gutachterin oder an den von ihr beauftragten Gutachter (siehe Ziffer 3) in gesicherter elektronischer Form zu übermitteln. Die Übermittlung des Begutachtungsauftrags in gesicherter elektronischer Form ist ab dem 1.12.2023 verpflichtend. Ausnahmsweise kann die Einschaltung des MD oder der von der Pflegekasse beauftragten Gutachterin oder des von ihr beauftragten Gutachters unterbleiben, wenn die Anspruchsvoraussetzungen auch ohne eine Begutachtung von vornherein verneint werden können.

Für die Begutachtung zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit können im Einzelfall zusätzliche Unterlagen zwingend erforderlich sein. In den Begutachtungs-Richtlinien nach § 17 Abs. 1 SGB XI ist in Kapitel 3.1 festgelegt, in welchen Fällen welche Informationen, Daten und Unterlagen von der antragstellenden Person vorgelegt bzw. von der Pflegekasse beizubringen und dem MD oder anderen unabhängigen Gutachterinnen und Gutachtern mit dem Begutachtungsauftrag zu übermitteln sind.

(2) Als Leistungsantrag ist die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit oder die Notwendigkeit bestimmter Leistungen nicht erforderlich. Häufig wird aus den Unterlagen der Krankenkasse ersichtlich sein, dass eine Pflegebedürftigkeit oder die Notwendigkeit zur Erbringung bestimmter diesbezüglicher Leistungen besteht. Ggf. wird die Pflegekasse auf Initiative der Krankenkasse (§ 7 Abs. 2 SGB XI) tätig. Ausreichend ist auch die mit Einwilligung der versicherten Person erfolgte Unterrichtung der Pflegekasse durch Dritte (§ 7 Abs. 2 SGB XI, §§ 20, 21 SGB X). Die Pflegekasse bittet die versicherte Person bzw. die bevollmächtigte Person oder den Betreuer bzw. die Betreuerin oder den gesetzlichen Vertreter bzw. die gesetzliche Vertreterin, den MD oder den von ihr beauftragten Gutachter bzw. die von ihr beauftragte Gutachterin eine Einwilligung zur Einholung von Auskünften bei ihrer behandelnden Ärztin bzw. ihrem behandelnden Arzt und ihren betreuenden Pflegekräften zu erteilen, sofern dies nicht bereits im Rahmen der Antragstellung (vgl. § 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB I) erfolgt ist und klärt sie über die Mitwirkungspflichten auf.

(3) In den Begutachtungs-Richtlinien werden die Begutachtungskriterien erläutert. Sie enthalten fachliche Vorgaben für die Medizinischen Dienste, für andere unabhängige Gutachterinnen und Gutachter sowie für die Pflegekassen. Die Richtlinien sind für die Pflegekassen und den MD sowie die von den Pflegekassen beauftragten Gutachterinnen und Gutachter verbindlich. Die Begutachtungs-Richtlinien sichern zugleich die Gleichbehandlung der versicherten Personen.

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